Zeitumstellung: Warum die MEZ die Abschaffung verhindert
Am 30. März 2025 werden die Uhren auf Sommerzeit umgestellt, während die Abschaffung weiter stockt. Zwei Forscher zeigen auf, wie sich der Knoten lösen könnte.

Die Mitteleuropäische Zeitzone reicht sehr weit nach Westen und Osten – dies stellt ein großes Hindernis bei der Abschaffung der Zeitumstellung dar.
(Bild: CIA/IANA)
Europa braucht eine Neuregelung für die Zeitzonen – dann könnte es endlich auch mal mit der Abschaffung der Zeitumstellung klappen. Diesen Vorstoß wagen zwei Forscher der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Der Vorschlag kommt vielleicht gerade zur rechten Zeit: Polen, das seit Januar die EU-Ratspräsidentschaft innehat, will nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sondieren, wie es mit dem Thema weitergehen könnte.
Wenn am Sonntag, 30. März 2025, einmal mehr die Uhren auf Sommerzeit umgestellt werden, gehen sie wieder los: Die Diskussionen darüber, dass doch die EU die Zeitumstellung längst abschaffen wollte, es aber angeblich einfach nicht hinbekommt. Und dass das halbjährliche Vor- und Zurückstellen, das einst zum Energiesparen eingeführt wurde, nichts bringt, außer, dass sich im Herbst viele über eine Stunde mehr am Sonntag freuen und umgekehrt im Frühjahr andere umso mehr über die verlorene Stunde ärgern. Umfragen ergaben: Eine Mehrheit in Deutschland ist für die Abschaffung der Zeitumstellung.
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Mitgliedstaaten mĂĽssen entscheiden
Zur Ehrenrettung der Europäischen Union muss klargestellt werden: Die Abschaffung der Zeitumstellung ist nicht an der EU gescheitert. Diese hat für politische Maßstäbe sogar sehr stringent und schnell entschieden. Im September 2018 schlug die Europäische Kommission vor, die Umstellung zu beenden. Wenige Monate später, im März 2019, unterstützte das Europäische Parlament diesen Vorschlag und spielte den Ball in die Hälfte der Mitgliedsstaaten, die im Rat eine gemeinsame Position finden sollen.
Dort liegt der Ball nun seit nunmehr sechs Jahren und wird nicht gespielt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten die Quadratur des Kreises als Hausaufgabe auftrug. Denn der Wunsch auf EU-Ebene ist, zu einer einheitlichen Lösung zu kommen, um ein Chaos zu vermeiden, während gleichzeitig die Abschaffung der Zeitumstellung zu großer Ungleichheit in den Tagesverläufen der Mitgliedsstaaten führen würde.
Wenn die Sonne zu frĂĽh aufgeht
Prof. Dr. Korbinian von Blanckenburg bringt das Problem auf den Punkt: "Bei ganzjähriger Normal- beziehungsweise Winterzeit hätten wir zur Sommersonnenwende Mitte Juni in Ostpolen von 3 bis 20 Uhr Sonne, in Westspanien von 6 bis 21.30 Uhr." Würde sich hingegen die Sommerzeit als ganzjährige Zeit durchsetzen, ginge in Spanien im Winter erst um 10 Uhr die Sonne auf – auch dies trifft dort auf wenig Gegenliebe.
Der Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften unterbreitete deshalb schon im März 2024 einen Vorschlag, der diese Probleme behebt und gleichzeitig die Abschaffung der Zeitumstellung ermöglicht: Europa benötigt einen neuen Zuschnitt der Zeitzonen. Gegenwärtig gibt es drei Standardzeitzonen in der EU: Die Westeuropäische Zeit (Irland, Portugal), die Mitteleuropäische Zeit (17 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland und Österreich) und die Osteuropäische Zeit (Bulgarien, Zypern, Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Litauen und Rumänien).
Warum die MEZ das Problem ist
Problematisch ist mit Blick auf die Abschaffung der Zeitumstellung die Mitteleuropäische Zeit. "Die umfasst etwa 30 Längengrade, also das Doppelte einer normalen Zeitzone", sagt Philipp Neumann, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TH OWL. Von Blanckenburg schlägt vor, dass Spanien aus der MEZ heraus in die Zeitzone Portugals wechselt und alle Länder, die östlich von Deutschland liegen, auf die Osteuropäische Zeit umstellen.
Dies würde natürlich dazu führen, dass bei Reisen innerhalb Europas künftig Reisende häufiger mal die Uhr umstellen müssen. Neumann, der sich zusammen mit von Blanckenburg, in einer neuen Studie intensiv mit den Folgen der Zeitumstellung auseinandergesetzt hat, hält das aber gerade mit Blick auf mögliche wirtschaftliche Nachteile für vernachlässigbar: Er stelle in Frage, "inwiefern diese Nachteile auch heutzutage in unserer digitalen Kommunikation mit E-Mails und über Web-Konferenzen noch so stattfinden", sagte er heise online. Zudem gebe es heute schon Verzögerungen in den Geschäftsprozessen, weil in einigen Ländern die Arbeit in Büros und Geschäften später aufgenommen wird als in anderen.
Zeitumstellung hat viele Nachteile
Die Auswirkungen der bisherigen halbjährlichen Umstellungen seien dagegen deutlich gravierender. Die Auswertung unterschiedlichster Studien hat ergeben, dass viele Menschen nicht nur rund um die Zeitumstellung im Schnitt bis zu 45 Minuten weniger am Tag schlafen: Der Schlafverlust halte zum Teil die gesamte Sommerzeit an und beeinflusse die Gesundheit der Menschen – bis hin zur Sterblichkeit.
Sein Fazit: Statt Produktivitätsgewinnen gibt es wirtschaftliche Einbußen. Bei Verkehrssicherheit und Kriminalität gibt es nur uneinheitliche Ergebnisse. "Die wenigen positiven Effekte sind da deutlich zu vernachlässigen", sagt Neumann. Er rät im Übrigen dazu, ganzjährig zur Normalzeit zu wechseln. Aber das, so zeigt er sich überzeugt, klappe nur, wenn man auch die Zeitzonen anfasse.
(mki)