Expertin beklagt fehlende klare Diagnosekriterien für Mediensucht

Internet, Videospiele, Computer oder Handys gehören besonders für Jugendliche zum Leben dazu. Experten diskutieren noch, wo die Grenze zwischen Medienlust und Mediensucht liegt.

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Von
  • dpa

Sind stundenlanges Videospielen, ein Computer im Dauerbetrieb und der minütliche Blick auf das Mobiltelefon schon Anzeichen für eine Mediensucht? Experten sind sich bei dieser Frage nicht einig. "Da das Phänomen noch nicht so lange untersucht wird, gibt es noch sehr unterschiedliche Ansichten und keine klaren Diagnosekriterien", sagte Diplom-Pädagogin Kristina Dörnbrack von der Würzburger Suchtpräventionsfachstelle der Nachrichtenagentur dpa. "Klar zu erkennen ist jedoch, dass gerade die Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen am meisten betroffen ist."

In Würzburg diskutieren am Montag rund 100 Experten aus ganz Deutschland über das Thema. Auf der
Fachtagung "Mediensucht" suchen sie nach klaren und einheitlichen Herangehensweisen und Diagnosemöglichkeiten. Im Moment gebe es unter den Experten – zugespitzt formuliert – zwei Lager. "Die einen sagen, dass der frühe Zugang zum PC die Medienkompetenz und die Kreativität der Kinder fördert und sie wettbewerbsfähiger macht. Die anderen sind überzeugt davon, dass der übertriebene Medienkonsum zu Konzentrationsschwierigkeiten und schlechteren Leistungen in der Schule führt", erklärte Dörnbrack. Umso wichtiger sei der ständige Austausch der Experten und die Suche nach einem möglichen Mittelweg.

Mediensucht sei nicht als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Es gebe jedoch klare Anzeichen für eine mögliche Abhängigkeit. Am Zeitfaktor allein könne man die Suchtgefährdung jedoch noch nicht festmachen. Wenn Kinder sehr viel Zeit am Rechner verbrächten und darüber Freunde, Vereinssport und Essen vernachlässigten, sei das allerdings ein erstes Alarmzeichen, sagte die 28-Jährige. "Teilweise haben sie sogar Entzugserscheinungen, wenn sie den PC nicht nutzen können. Das kann von Angst bis Reizbarkeit gehen." Bei diesen Kriterien müsse man aufhorchen.

Dörnbrack rät, die Themen Internet, Computer und Mobiltelefon mit dem eigenen Kind zu besprechen. "Sie sollten auch keine Angst davor haben, einfach nachzufragen. 'Was ist Facebook? Wie funktioniert das?' In der Regel reagieren Jugendliche darauf nicht abweisend", sagte Dörnbrack. Eltern, die einen Blick auf die Aktivitäten ihrer Kinder hätten, seien sensibler für Warnzeichen und könnten schneller gegensteuern. (nij)