Piraten-Fraktionschef Breyer legt sich mit EU-Kommission an

Zwischen dem Piraten-Fraktionschef Schleswig-Holsteins Patrick Breyer und der EU-Kommission bahnt sich eine juristische Auseinandersetzung um Transparenz von juristischen Verfahren auf EU-Ebene an

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Von
  • Holger Bleich

Zwischen dem Piraten-Fraktionschef Schleswig-Holsteins Patrick Breyer und der EU-Kommission bahnt sich eine juristische Auseinandersetzung um Transparenz von juristischen Verfahren auf EU-Ebene an. Der Grund: Breyer weigert sich, der Aufforderung der EU-Kommission nachzukommen, Schriftsätze aus einem von ihm initiierten Gerichtsverfahren gegen die Kommission am Europäischen Gerichtshof (EuGH) aus dem Web zu entfernen.

Im April 2012 hatte Breyer als Aktivist beim Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Klage beim EuGH eingereicht, weil die EU-Kommission sich zuvor dagegen gesperrt hatte, mehrere Dokumente zum Themenkomplex Vorratsdatenspeicherung herauszugeben. Breyer veröffentlichte auf seinem Blog sowohl die Klageschrift seines Rechtsanwalts Meinhard Starostik sowie die Klageerwiderung der EU-Kommission vom 16. Juli dieses Jahres. Am vergangenen Freitag dem 11. Oktober ging bei Starostik nun die Aufforderung der EU-Kommission ein, Breyer solle die beiden Schriftsätze "umgehend, spätestens aber innerhalb von drei Tagen" entfernen und der Öffentlichkeit unzugänglich machen. Konzequenzen bei Missachtung der Aufforderung sind nicht genannt.

Der Juristische Dienst der Kommission macht in seinem Schreiben geltend, dass laut Satzung des EuGH Schriftsätze "nur an die Parteien des Verfahrens und an die Unionsorgane, deren Entscheidungen Gegenstand des Verfahrens sind" übermittelt werden dürfen. Er beruft sich außerdem auf ein Urteil des EuGH aus dem Jahre 1998. Damals hatte das Gericht bestimmt, dass eine Streitpartei Schriftsätze des Gegners nicht nutzen darf, um "die Öffentlichkeit zur Kritik am Vorbringen der anderen Verfahrensbeteiligten zu bewegen".

Breyer, selbst Jurist, beantwortete das Schreiben an seinen Anwalt bereits am 12. Oktober öffentlich in seinem Blog. Das Urteil aus dem Jahre 1998 sei aus mehreren Gründen nicht einschlägig und außerdem durch neuere Rechtssprechung überholt. In einer Demokratie sei "es normal und wichtig, dass die Staatsgewalt den ihr Unterworfenen (also der Öffentlichkeit) gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Dies schließt die Annahme aus, eine staatliche Prozesspartei könne jegliche Kritik Dritter an der Ausübung ihrer Staatsgewalt vor Gericht unterbinden. Auch das Gericht selbst muss sich damit abfinden, dass es mit einer demokratisch kontrollierten Prozesspartei verhandelt und deren Handeln öffentlich erörtert wird."

Breyer warf der EU-Kommission den Fehdehandschuh vor die Füße und fügte den Satz an: "Ich werde dieser Aufforderung natürlich nicht nachkommen und veröffentliche stattdessen die Aufforderung selbst", was er dann auch getan hat (PDF-Datei). Man darf gespannt sein, wie die Kommission auf diese Düpierung reagieren wird. Unter den Netzaktivisten ist Breyers Reaktion begrüßt worden. Der viel gelesene Fefe bloggte gar: "Patrick ist ein Held". (hob)