Portugal rutscht noch tiefer als erwartet in die Rezession

Die Regierung prognostiziert, dass die Wirtschaft 2013 doppelt so stark schrumpft als bisher erwartet

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Die portugiesische Regierung hat am Mittwoch vor dem Parlament zugegeben, dass die wirtschaftliche Entwicklung im Land deutlich schlechter als erwartet ausfällt. Finanzminister Vitor Gaspar erklärte vor dem zuständigen Ausschuss, dass die portugiesische Wirtschaft 2013 nach der neuen Prognose mit zwei Prozent doppelt so stark schrumpfen wird, als in Lissabon bisher erwartet hatte. Die Anpassung wurde nötig, nachdem das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2012 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar um 3,8 Prozent eingebrochen ist.

Kürzlich hatte der konservative Ministerpräsident Pedro Passos Coelho schon eine Anpassung in den Raum gestellt. Plötzlich war vom Licht am Ende des Tunnels nichts mehr zu sehen, das er zuvor ausgemacht hatte. Er hatte sie Anpassung nach unten damit begründet, dass sich das Exportwachstum nicht in dem Rhythmus weiterentwickelt habe, wie es die Regierung erwartete. Sie setzt angesichts harter Sparprogramme vor allem auf den Tourismus und Exporte, um die Krise zu überwinden. Tatsächlich konnte Portugal in den ersten acht Monaten des Vorjahres die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen um zehn Prozent steigern.

Angesichts der Tatsache, dass die Eurozone in die Rezession abgerutscht ist, konnte dieses Wachstum nicht aufrechterhalten werden. Die Regierung übertrifft mit ihrer Prognose sogar noch die letzte Schätzung der portugiesischen Zentralbank (BDP) . Die BdP hatte im Januar ebenfalls die Prognose – auch mit Bezug auf die Exportentwicklung – nach unten korrigiert. Sie hatte zentral auch dafür angeführt, dass der Binnenkonsum angesichts der Tatsache weiter stark einbrechen werde, da zum ersten Februar die Einkommenssteuer um 30 Prozent angehoben wurde.

Lissabon hofft nun, dass das Land erneut mehr Zeit erhält, um die Defizitziele einzuhalten. Die Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) hatte ohnehin das Ziel für 2012 schon auf fünf Prozent nach oben angepasst. Dem Land wurde auch schon ein Jahr mehr Zeit gegeben. Portugal soll erst 2014 das Stabilitätsziel von drei Prozent wieder einhalten, doch nun will Lissabon erneut ein Jahr mehr Zeit beantragen, um die im Rahmen des Hilfsprogramms in Höhe von 78 Milliarden Euro festgeschriebenen Haushaltsziele zu erreichen, kündigte Gaspar an.

Die neue Prognose und die Forderung, die Defizitziele erneut anzupassen, äußeerte Gaspar erst, nachdem das Land am Morgen Staatsanleihen versteigert hatte, um die Zinsentwicklung nicht negativ zu beeinflussen. Doch auch so zeigte sich kein einheitliches Bild. Für Anleihen mit einer dreimonatigen Laufzeit musste das Land wieder etwas höhere Renditen bieten, während sie für einjährige Papiere etwas niedriger ausfielen. Allerdings wurde schon im Vorfeld die geplante Mindestsumme auf 1,25 Milliarden Euro halbiert, da damit gerechnet wurde, dass sonst die Durchschnittsrendite deutlich höher gelegen hätte.

Für die linken Kritiker der Regierung hat die Regierung mit ihrer neuen Prognose bestätigt, dass der harte Sparkurs die Lage im Land nur weiter zuspitzt und es nicht aus der Krise führt. Am Wochenende waren Zehntausende erneut in insgesamt 24 Städten des Landes gegen den Sparkurs auf die Straße gegangen. Der große Gewerkschaftsdachverband CGTP hatte unter dem Motto "gegen Armut und Ausbeutung" zur den ersten großen Demonstration in diesem Jahres aufgerufen. Die CGTP erwartet, dass der Sparkurs die Arbeitslosigkeit auf immer neue Rekordwerte steigen lässt. Zuletzt wurde im Januar eine Quote von fast 17 Prozent ermittelt, die dazu führt, dass die Ausgaben steigen und die Einnahmen der Sozialkassen einbrechen.

Der Generalsekretär der CGTP drohte der Regierung mit einem neuen Generalstreik. Armenio Carlos kündigte an, dass es "permanent weitere Aktionen" geben werden. Die CGTP rief ihre Mitglieder auf, sich an den Protesten der Empörten-Bewegung am 2. März zu beteiligen. Sie stehen unter dem Motto: "Zum Teufel mit der Troika". Am vergangenen 15. September waren ihrem Aufruf knapp eine Million Menschen gefolgt, worauf die Regierung das Vorhaben aufgeben musste, die Sozialversicherungsbeiträge der Beschäftigten zu erhöhen, um die der Unternehmen senken zu können.