Spanien auf der Suche nach einem Lager für Atommüll

Mit Geld sollen Gemeinden gewonnen werden, sich als Standort für ein Zwischenlager zu melden

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In den Zeiten der Wirtschaftskrise will die spanische Regierung Kosten einsparen, die ab 2011 anfallen würden, wenn täglich 60.000 Euro in Frankreich für die Atommülllagerung anfallen. Die sozialistische Regierung erwartete, dass sich bei einer Arbeitslosenquote von 20 % viele spanische Gemeinden um den Zuschlag für das 700-Millionen-Euro-Projekt schlagen würden. Mit bis zu 500 Jobs und sechs Millionen Euro Direktzahlung für den Standort wurden Bewerber geködert.

In dem Lager sollen knapp 7.000 Tonnen hochradioaktiver Müll gelagert werden, den Spanien in gut 30 Jahren Atomstromproduktion angehäuft hat. Es handelt sich um kein Endlager, sondern um ein Zwischenlager, die Suche nach einem Endlager hat noch nicht einmal begonnen. Im "Almacén Temporal Centralizado" (ATC), also im Zentralen Zwischenlager, soll der Atommüll 60 Jahre aufbewahrt werden. Das ATC sollte schon 2010 in Betrieb gehen, doch die Ausschreibung scheiterte 2006 mangels Bewerbern und heftigem Widerstand in Gemeinden, die mit dem Projekt liebäugelten.

Hatte Madrid nun auf Dutzende von Bewerbern gehofft, waren es zum Ende der Bewerbungsfrist gerade einmal 14. Einige sind schon wieder aus dem Rennen, die offizielle Liste führt nur acht. Die sozialistische Regierung will Regionen bevorzugen, die schon Atomanlagen haben, weil man hofft, dort sei die Akzeptanz höher.

Am Donnerstag schrieb nun die regierungsnahe Zeitung El Publico, dass ATC-Bewerbungen mit frischen Scheinen versüßt wurden. Das Industrieministerium habe mit der "Vereinigung der Gemeinden in Nuklearzonen" (AMAC) vor der ATC-Ausschreibung vereinbart, die Zuwendungen um 8,25 Millionen Euro zu erhöhen, damit sich Verbandsgemeinden für das ATC bewerben. 2009 verteilte AMAC 20 Millionen und nun werden es fast 50 % mehr sein. Dabei sollen auch Dörfer, die im Umfeld von 20 Kilometern um Atomanlagen liegen, plötzlich viel höhere Zuwendungen erhalten. Mit Blick auf das ATC sollen es mindestens 100.000 Euro werden, bisher seien es oft nur etwa 30.000.

Das ATC soll in Ascó oder Yerba angesiedelt werden. In Ascó, in der katalanischen Provinz Tarragona, steht eines der sieben Atomkraftwerke. Vandellòs liegt ebenfalls in Tarragona und Cofrentes nahe in Valencia. Atomtransporte sollen damit minimiert werden, wird behauptet. Das wird auch für Yerba in Kastillien-La Mancha angeführt, denn das Dorf liegt unweit von Trillo und Almaraz und auch Cofrentes ist nicht weit entfernt.

Beide Regionen werden von Sozialisten (PSOE) regiert, die angeblich aus der Atomkraft aussteigen wollen, aber gerade den Betrieb des Uraltreaktors Garoña auf Druck der Betreiber und der Konservativen über die geplante Laufzeit hinaus verlängert haben. Die von den Atomfreunden der Volkspartei (PP) regierten Regionen halten sich beim ATC auffallend zurück. Ascó bietet sich für beide Parteien an, weil sich hier eine Gemeinde bewirbt, die von der nationalistischen Convergència i Unió (CiU) regiert wird. Dem Bürgermeister und Gemeinderäten droht nun der Parteiausschluss, denn die CiU will im Herbst die katalanischen Wahlen gewinnen. Sie weiß um die Ablehnung der Atomkraft und um die Tatsache, dass die Katalanen nicht auch noch zum spanischen Atomklo werden wollen. Bekannt sind dort die Unfälle in Ascó und Vandellòs, welche die spanische Störfallliste anführen. Tausende haben schon gegen das ATC in Ascó demonstriert. Heftiger Widerstand zeigt sich aber auch an den anderen Orten, die sich um das Lager bewerben.