Atommüll? Ist doch gar nicht so schlimm!

Transmutation und geologischer Sachverstand sollen es richten

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Am Donnerstag stellte sich der Bundestags-Untersuchungsausschuss in Gorleben zum Fototermin unter Tage ein und gab damit dem Atomfahrplan der Koalition auch medial sein parlamentarisches Ok. Reinhard Grindel, Sprecher der CDU im Untersuchungsausschuss, äußerte sich erfreut zum Vor-Ort-Termin: "Hier in Gorleben müssen Geologen wieder die Oberhand gewinnen, nicht die Ideologen."

In gut zwei Wochen endet dann der unter Rot-Grün verhängte Erkundungsstopp und die Bauarbeiten für weitere Stollen im Salzstock werden beginnen. Dass bereits eine endgültige Festlegung auf Gorleben stattgefunden hat, zeigt die gleichzeitige Initiative, das Atomgesetz um einen Enteignungspassus für die bisherigen Grundstückseigentümer im Bereich von Atommülldeponien zu erweitern.

Die Mittelbayerische Zeitung bemerkt zur Vorfestlegung auf Gorleben sarkastisch: "Warum wagt Kanzlerin Merkel nicht den Befreiungsschlag und erklärt die Endlagersuche zur europäischen Frage? In vielen Nachbarländern, die Atomkraftwerke betreiben, gibt es mögliche Standorte, die über Hunderte Kilometer unbewohnt sind. So einen Standort wird es in Deutschland erst nach einem schweren radioaktiven Unfall geben."

Der Springer Verlag springt dagegen der schwarzgelben Koalition bei und erklärt die Transmutation ( Telepolis berichtete), also die Umwandlung langfristig strahlender, hochgiftiger Radionuklide aus den Kernkraftwerken in Atome mit kurzer Halbwertszeit zur Standardtechnik. "Die Transmutation ist keine Utopie mehr. Ja fast ist es schon Routine, die Dauer der radioaktiven Strahlung bei den gefährlichsten Abfall-Elementen von einigen Hunderttausend Jahren in historische Zeiten von unter 500 Jahren entscheidend zu reduzieren."

In 20 Jahren soll sie marktreif sein und dann nicht nur strahlende Isotope ungefährlich machen, sondern, wie nebenbei, auch noch Energie erzeugen. Zitiert wird Joachim Knebel vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem früheren Atomforschungszentrum. Er gehe davon aus, dass die Transmutation im industriellen Maßstab in 20 Jahren einsatzreif ist und dann in einem ersten kommerziellen 300-MW-Reaktor mit Beschleunigereinheit zur Isotopenbestrahlung in Betreib gehen könne. "Etwa 15 Prozent dieses Stroms würde der Teilchenbeschleuniger benötigen, die Anlage selbst auch noch etwas, und der Rest könnte ins Netz gespeist werden."

Dass die Transmuation auch in eine ganz andere Richtung gehen kann, zeigt ihre bisherige Anwendung. Denn während die Transmutation zur Verkürzung der Halbwertszeit auch nach fünf Jahrzehnten Kerntechnik nur im Labormaßstab funktioniert, werden die wenigen existierenden Brutreaktoren ausnahmslos zur Plutoniumproduktion eingesetzt.