Einer von neun Männern über 75 Jahre arbeitet noch in den USA

Der Kampf um das Renteneintrittsalter wird zu einer Chimäre, weil nicht nur in den USA die Rente nicht mehr zum Leben ausreicht

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Der neue französische Präsident Hollande will eine Reichensteuer einführen, die von Sarkozy erhöhte Mehrwertsteuer wieder senken, Steuerschlupflöcher schließen und eine Rente ab 60 wieder für diejenigen ermöglichen, die 41 Jahre Berufsarbeit nachweisen können. Sarkozy hatte das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre erhöht. Aber vermutlich dürfte das Renteneintrittsalter, das in Deutschland auf 67 Jahre ansteigt und weiterhin umstritten ist, in Zukunft eine immer geringere Rolle spielen, weil die Renten zu gering sind und die Menschen bis ins hohe Alter weiter arbeiten müssen, damit aber gleichzeitig auch Arbeitsplätze für junge Menschen gefährden.

Der Trend ist in den USA bereits deutlich zu erkennen. Nach den Zahlen des US-Arbeitsministeriums ist die Zahl der Menschen, die nach dem normalen Rentenalter von 65 Jahren weiter arbeiten, auf eine Rekordhöhe gestiegen. Gleichzeitig arbeiten seit der Wirtschaftskrise weniger Männer unter 55 Jahren und ist die Zahl der Frauen zwischen 25 und 54 Jahren, die arbeitslos sind, so hoch wie vor 20 Jahren. Waren im April 2002 2,5 Millionen Männer oder 1,8 Millionen Frauen über 65 weiter arbeitstätig, so waren es im April 2012 nach dem Arbeitsministerium bereits 4,03 Millionen Männer und 3,2 Millionen Frauen. Auch die Zahl der Über-75-Jährigen hat sich in derselben Zeitspanne von 750.000 auf 1,35 Millionen fast verdoppelt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat dabei keinen Peak hervorgerufen, die alten Arbeitstätigen sind kontinuierlich mehr geworden.

Etwa einer von neun amerikanischen Männern und eine von 20 Frauen über 75 Jahren arbeitet noch, Schwarzarbeit außen vor gelassen. Manche vielleicht auch, weil sie es wollen, die Meisten vermutlich, weil die Rente oder das sonst verfügbare Einkommen nicht ausreicht. Geht der Trend so weiter, dann ist der Traum vom gesicherten Ruhestand der arbeitenden Bevölkerung, der mit Beginn der Rentenversicherungen am Ende des 19. Jahrhunderts eingesetzt hat, zumindest für die große Schicht der gering oder nicht viel Verdienenden dem Ende zu - und damit auch das Renteneintrittsalter. Das könnte dann vor allem dazu dienen, dass die Alten geringe Einkommen in Kauf nehmen und so zumindest in bestimmten Branchen oder Berufen in Konkurrenz zu den Jungen stehen, die überhaupt erst einmal auf dem Arbeitsmarkt nach einer Chance suchen. Dafür spricht, dass in den USA für die Menschen über 65 die Lage auf dem Arbeitsmarkt seit der Krise besser aussah als für die Jüngeren. Nimmt man die 65-69-Jährigen, so arbeitet ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen noch. Insgesamt ist die Zahl der Menschen über 65, die arbeiten, seit 2006 angestiegen, während die der Jüngeren zurückgegangen ist, am stärksten bei den 25-54-Jährigen.