Bundesregierung hält an "strafbefreiender Selbstanzeige" für Steuerbetrüger fest

Das sei ein "attraktiver Anreiz zur Berichtigung vormals unzutreffender und unvollständiger Angaben"

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Steuerhinterzieher sollen weiterhin privilegierte Straftäter sein, denen man mit Milde begegnet, weil sie nur ein Kavalierdelikt begehen.

Auf eine Anfrage der Linken, ob die schwarz-gelbe Regierung an der strafbefreienden Selbstanzeige weiter festhalten will, antwortete diese, dass sei der "verfassungsrechtlich anerkannte Weg zurück in die Steuerehrlichkeit". Fiskalpolitisch soll damit ein "attraktiver Anreiz zur Berichtigung vormals unzutreffender und unvollständiger Angaben" gegeben werden. Man sieht schon an der Wortwahl, wie man sein Klientel möglichst vor Zumutungen der Strafverfolgung schützen will. Es wird nicht von Betrug gesprochen, sondern von unvollständigen Angaben. Hat der Ladendieb also auch nur "vergessen", an der Kasse zu bezahlen? Aber beim Steuerbetrüger geht es eben ums öffentliche Interesse, nämlich dem des Staates, so Steuerquellen zu "erschließen", die sonst unentdeckt geblieben wären.

Fürsorglich denkt man aber auch strafrechtlich an die Täter. Die würden nämlich durch "tätige Reue" die Wirkung einer Straftat rückgängig machen können. Ähnliche Regelungen gebe es in einer Reihe anderer Länder. Über die Zahl der Selbstanzeigen und die steuerlichen Mehreinnahmen während der letzten Jahre kann die Regierung angeblich nichts sagen, weil ihr dazu keine Daten vorliegen würden.

Die Linke fragte auch, warum das Bundesfinanzministerium am 26. Februar eine Online-Umfrage zum Thema gestartet und schon am 3. März wieder gestoppt hatte. "Das 'Voting' beschäftigte sich mit den Folgen der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren in Abgrenzung zum Steuerstrafverfahren", antwortet das Ministerium. "Insoweit war das 'Voting' dem Ziel des Bundesfinanzministeriums geschuldet, komplexe Sachverhalte der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen." Voting sei ein Teil der Öffentlichkeitsarbeit, eine wissenschaftlich belastbare Aussage lasse sich daraus nicht ableiten. Man könnte zwar den Verdacht hegen, dass der Regierung das Ergebnis nicht in den Kram passte – 59 Prozent stimmten gegen eine Straffreiheit -, die Regierung aber sagt, Abstimmungen immer nur in einem kurzen Zeitraum erfolgen würden.