Kopfstützen für Internetausdrucker

Google will mit einem Vergleich in 600 Berliner Taxis auf die "Absurdität" des geplanten Leistungsschutzrechts für Presseverlage aufmerksam machen

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2010 verglich der Blogger Mario Sixtus das von der Bundesregierung geplante neue Monopolrecht für Presseverlage mit einer Zahlungsforderung von Restaurants an die Taxifahrer, die ihnen Gäste bringen. Ein Vergleich, der auch Menschen beeindrucken könnte, die sich das Internet von der Sekretärin ausdrucken lassen. Das dachte man auch bei Google, einem der Zielobjekte des Gesetzentwurfs. Dort überlegte man sich, wie man dafür sorgen könnte, dass den Vergleich auch politische Entscheider zu Gesicht bekommen und möglichst mit dem internetbenutzenden Volk debattieren müssen. Und man kam auf die Idee, ihn jenen Führungskräften, die über keine eigene Dienstlimousine verfügen, auf den Kopfstützen der Berliner Taxis vorzusetzen, in denen sie sich herumkutschieren lassen. Dort könnte er zusammen mit einem ausliegenden Faltblatt während einer Fahrt mit verhältnismäßig wenig Ablenkung nicht nur Nachdenken hervorrufen, sondern auch ein Gesprächsthema mit dem Fahrer liefern, der durch das neue Monopolrecht Such- und Findemöglichkeiten einbüßen dürfte.

Deshalb fahren seit gestern in der Hauptstadt etwa 600 Taxis mit Kopfstützenbezügen herum, auf denen das Sixtus-Zitat zu lesen ist, das der nun bekanntere Blogger honorarfrei zur Verfügung stellte. Eine wahrscheinlich kluge Entscheidung. Denn wäre Geld für das kurze "Snippet" geflossen, dann hätte dies der Axel-Springer-Verlag (der hinter der Forderung nach dem etwas irreführend "Leistungsschutzrecht" benannten neuen Monopolrecht steckt) in der Öffentlichkeit als Argument für eine Zahlungspflicht bei der Suchanzeige kurzer Textteile verwenden können - auch wenn die Feststellung einer Schöpfungshöhe bei Werbeslogans durch die Rechtsprechung naturgemäß und sachgerecht anders gehandhabt wird als bei Zeitungstexten.

Dass über die Aktion auch in vielen Medien berichtet wird, dürfte Google ebenso erfreut zur Kenntnis nehmen wie die Tatsache, dass der Koalitionsvertrag der neuen niedersächsischen Landesregierung ein "eigenständiges Leistungsschutzrecht für Presseverlage, das bereits kleine Ausschnitte aus Zeitungsartikeln für ein Jahr ab Veröffentlichung gesetzlich schützt", als "überflüssig" ablehnt. Inwieweit sich andere SPD-geführte Bundesländer im Bundesrat dieser Meinung anschließen, ist allerdings noch nicht klar. Auch Niedersachsens FDP stellte sich am Samstag gegen ein solche Leistungsschutzrecht, das der Ansicht einer Mehrheit der Delegierten nach sowohl den Wettbewerb behindern als auch die Freiheit im Internet einschränken würde. Bereits vor einem Jahr hatte sich der bayerische Landesverband der Liberalen gegen ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage ausgesprochen. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jimmy Schulz hofft nun auf den nächsten FDP-Bundesparteitag und die Möglichkeit, dass das neue Monopol auch dort explizit abgelehnt wird.