"Verschwörung" - der Haken, mit dem Assange in die USA geholt wird?

Die US-Staatsanwaltschaft baut an einer Anklage, wonach Assange den "Whistleblower" Bradley Manning zu einer "Verschwörung" angestiftet haben könnte. Manning sitzt seit sieben Monaten in Einzelhaft unter schwierigen Bedingungen

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Ob Julian Assange, wie im Moment entschieden wird, gegen eine hohe Kaution und strengen Auflagen freikommt oder ob sich die britische Staatsanwaltschaft - nicht die schwedische - mit ihrer Forderung durchsetzt, dass er in Haft bleibt, bis Klarheit über eine Auslieferung besteht, dürfte kein großes Hindernis für die Versuche der USA darstellen, Assange habhaft zu werden.

Denn Assange wird in jedem Fall für einige Zeit in Großbritannien festgehalten bleiben - es sei denn er riskiert mit einer Flucht im Falle einer Freilassung auf Kaution, dass seine Unterstützer eine größere Geldsumme in den Wind schreiben müssen. Einiges spricht dafür, dass den USA genug Zeit und Möglichkeiten bleiben, eine Auslieferung zu realisieren.

Wie aktuell berichtet wird, versuchen US-Staatsanwälte dort fieberhaft, eine Anklage zu konstruieren, deren Vorwurf auf "Verschwörung" lautet. Dazu müsste nachgewiesen werden, dass Manning, der die Leak-Daten laut Vorwurf der US-Staatsanwaltschaft an Assange weitergegeben hat, von Assange dazu "ermutigt" oder "unterstützt" worden ist.

"If he did so, they believe they could charge him as a conspirator in the leak, not just as a passive recipient of the documents who then published them." New York Times

Dass Bradley Manning irgendwann eine Aussage, die zu einer solchen Anklage passt, abgeben könnte, erscheint nicht ganz abwegig, wenn man sich vor Augen hält, unter welchen harten Bedingungen seit mehreren Monaten eingesperrt ist. Von einem Reporter des US-Magazins Salon werden sie kurz und knapp als "unmenschlich" bezeichnet (vgl. "The inhumane conditions of Bradley Manning's detention". Experten, die zu Mannings Haftbedingungen befragt wurden, sprechen gar von "Folter".

Obwohl er niemals von einem Gericht wegen der vorgeworfenen Weitergabe der Daten verurteilt wurde, so heißt es in dem Salon- Bericht, sitz Manning seit sieben Monaten im Gefängnis - "unter Bedingungen, die eine grausame und unmenschliche Behandlung darstellen". Der Bericht stützt sich auf Interviews mit Personen, die mit den Haftbedingungen Mannings vertraut sind; ein Verantwortlicher des Gefängnisses der Marines-Militärbasis in Quantico bestätigte laut Bericht die Angaben. Dort sitzt Manning seit fünf Monaten, zuvor war er zwei Monate lang in einem Militärgefängnis in Kuwait eingesperrt - die ganze Zeit über in Einzelhaft, so Salon.

Von Beginn an wurde Bradley Manning als "Maximum Custody Detainee" eingestuft, was als Status gilt, der mit dem höchsten Grad an Repressionen für einen Militärgefangenen einhergeht. 23 von 24 Stunden soll Manning alleine in einer Zelle sitzen, seit Mai. Ihm sei weder ein Kissen noch Laken für sein Bett zugestanden, Möglichkeiten für körperliches Training gebe es auch nicht.

Zwar, so die Aussage des Gefängnis-Offiziellen, seien die Bedingungen "nicht so wie in einem Film, wo jemand in ein Loch geworfen wird", aber er bestätigt, dass Manning in Einzelhaft sitze und nur während einer Stunde seine Zelle verlassen darf. Dass derart lange Isolationshaft psychische Auswirkungen hat, die einer Folter gleichkommen, das bestätigen nicht nur Erfahrungen von ehemaligen Inassen und darüber sind sich nicht nur Wissenschaftler und Menschenrechtler einig (siehe dazu "Hellhole") - der Salon zitiert auch Gerichtsurteile, nationale Kommisssionsberichte, Aussagen von Politikern wie John McCain und UN-Berichte, die diese Einschätzung bestätigen und in manchen Fällen aufzeigen, dass "Einzelhaft" gegen Menschenrechtsvereinbarungen verstoßen kann.

Der Bericht, der sich dabei auf Chats zwischen Manning und dem "Hacker Adrian Lamo" stützt, die von Wired veröffentlicht wurden, schildert Manning als Idealisten. Seine Motive zur Weitergabe der Daten sind demnach sehr ähnlich wie die Motive von Assange:

"

Lamo

: what's your endgame plan, then?. . .

Manning

: well, it was forwarded to [WikiLeaks] - and god knows what happens now - hopefully worldwide discussion, debates, and reforms - if not, than [sic] we're doomed - as a species - i will officially give up on the society we have if nothing happens - the reaction to the video gave me immense hope; [...]"

Er hätte, wenn er "bösartiger" wäre, auch an Russland oder China verkaufen können, so Manning im Chat:

"

Lamo

: why didn’t you?

Manning

: because it's public data

Lamo

: i mean, the cables

Manning

: it belongs in the public domain -information should be free - it belongs in the public domain - because another state would just take advantage of the information - try and get some edge - if its out in the open - it should be a public good."

Man wird sehen, welche "Verschwörung" aus dem Gleichklang der Motive zwischen Assange und Manning die amerikanische Staatsanwaltschaft daraus konstruieren wird.

Wie der Guardian aktuell [http://www.guardian.co.uk/world/2010/dec/16/bradley-manning-health-deteriorating berichtet, hat sich der gesundheitliche und psychische Zustand Mannings nach Aussage von Freunden und Unterstützern beträchtlich verschlechtert.]