"Weniger Lehrer, mehr Computer"

Ein US-Schuldistrikt setzt auf eine bessere technische Ausstattung der Schüler und schneidet damit in Erfolgsstatistiken besser ab

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Ganze Busladungen voller Pädagogen machen sich laut einem Zeitungsbericht in den USA auf den Weg, um den Mooresville Graded School District und dessen Erfolg zu bestaunen: Der Anteil der Schüler, die ihre Schule mit einem Abschluss verlassen, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Waren es 2008 noch 80 Prozent der Schüler, so konnte man sich 2011 in dem Schuldistrikt über 91 Prozent freuen. Das ist eine helle Zahl in Zeiten, in denen viel von Problemschulen und schwierigen Schülern die Rede ist.

Pure Freude dürfte die "geheime Erfolgsformel", der die besuchenden Lehrkräfte in Mooresville auf der Spur sind, jedoch nicht auslösen. Denn mit dem dahinterstehenden betriebswirtschaftlichen Rezept werden nicht alle Lehrer einverstanden sein: "Weniger Lehrer, dafür mehr Computer."

Mooresville ist "de facto ein nationales Modell der digitalen Schule", lobt die New York Times und stellt den guten Schulabschlussquoten noch eine andere Zahl bei, die bei Controllern Freude aufkommen lässt: Mooresville belegt Platz 100 (von 115 Schuldistrikten in North Carolina), wenn es um die Kosten pro Schüler geht.

Das Besondere, das sich auch schon im Logo der Schule zeigt: Seit drei Jahren wird jeder Schüler ab der vierten Klasse mit einem Laptop ausgestattet, einem MacBook Air, insgesamt 4.400 Stück - was möglicherweise damit zu tun hat, dass der zuständige Mann in der Schulbehörde acht Jahre für Apple gearbeitet hat. Die MacBooks werden geleast. Das kostet etwa Million Dollar pro Jahr.

Dafür musste man Abstriche machen, "incredibly tough decisions", so der Finanzaufseher des Distrikts: Man strich 65 Stellen, einschließlich 35 Lehrer, weil der neue Unterricht größere Klassen zulässt, mit 30 Schülern statt 18. Der Unterrichtsstil wurde geändert und Journalisten geraten darüber ins Schwärmen:

"The difference, teachers and administrators here said, is that they value computers not for the newest content they can deliver, but for how they tap into the oldest of student emotions - curiosity, boredom, embarrassment, angst - and help educators deliver what only people can. Technology, here, is cold used to warm."

Durch häufigere Tests am Computer würden Lehrer genauer über den Leistungsstand und die Schwachstellen der Schüler informiert, könnten dadurch genauer, individueller, auf sie eingehen und ihre Zeit besser einteilen. Dazu komme, dass die Schüler bei Gruppenarbeiten mit Begeisterung recherchieren würden. Dadurch dass die Schüler nicht mehr der Peinlichkeit ausgesetzt werden, an einer Tafel ihre Schwächen vor der Klasse zur Schau zu stellen, seien auch die schlechteren Schüler mit mehr Vergnügen dabei; die Selbstständigkeit der Schüler aber auch ihr Wille zur Zusammenarbeit würde mit den Laptops auf eine ganz andere Art angesprochen und motiviert. Alles bestens also an Mooresvilles Schulen?

Man gibt zu, dass man etwas sehr an bestimmten statistischen Größen orientiert ist: erfolgreiche Abschlüsse, Zahl der Stipendien, Zahl der belegten Kurse etc. Aber schließlich zähle das. Vor allem bei Eltern, die Schulen nach diesen Kennzahlen miteinander vergleichen. Der Wettbewerb zählt.

Mit Bildungs- und Wissensvermittlung, die das Leben bereichert, muss das nicht unbedingt konform gehen, nicht jedes Wissensfeld lässt sich so abstecken, dass es in einer Multiple-Choice-Aufgabe unterzubringen ist. Doch kennt wohl jeder neben der schönen Erfahrung, die man mit guten Lehrern machen kann, die den Schüler beim Entstehen interessanter Gedanken und Lösungen teilnehmen lassen, auch die Willkür und Bornierheit, des Lehrpersonals, der man als Schüler ausgesetzt ist.