Hochtief-Übernahme verstärkt Finanzierungsprobleme für den spanischen Baukonzern ACS

Die Übernahme des deutschen Konkurrenten hat die Schuldenproblematik der Spanier nur weiter verstärkt

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Der spanische Baukonzern ACS ist schwer angeschlagen und die Probleme wachsen ihm offenbar über den Kopf. Mit Spannung wird nun die Quartalsbilanz des Großkonzerns Ende des Monats erwartet, da sie Einblick in die immer prekärer werdende Lage ermöglicht. Dazu trägt auch der deutsche Baukonzern Hochtief bei. Eigentlich sollte die Übernahme 2011 für die verschuldeten Spanier zum Befreiungsschlag werden. Zunächst wurde aber aus Hochtief, an dem ACS etwa 54 Prozent der Aktien hält, ein Verlustfall.

Anders als erwartet sorgten 2011 die Probleme der australischen Hochtief-Tochter im Asien-Geschäft jedoch für hohe Verluste. Zwar hat sich derweil die Lage bei Leighton verbessert, im ersten Halbjahr wurde ein Gewinn von knapp 100 Millionen Euro verzeichnet, aber nun sind es Rückstellungen wegen Verzögerungen beim Bau der Hamburger Elbphilharmonie, welche die Bilanz im zweiten Quartal verhagelt haben. War allgemein erwartet worden, dass Hochtief nun wieder schwarze Zahlen schreibt, wurde zwischen April und Juni erneut ein Verlust von 15,8 Millionen Euro ausgewiesen. Im gesamten ersten Halbjahr wies der Essener Konzern einen Verlust von rund 49 Millionen Euro aus.

Da die Lage bei Hochtief vergleichsweise gut ist, will ACS die Kontrolle behalten. Schließlich hat sich der Umsatz der Essener im Vergleich zum Vorjahr um fast eine Milliarde Euro auf 6,4 Milliarden erhöht. Mit einem Auftragsbestand von knapp 53 Milliarden Euro wurde eine neue Höchstmarke in der Unternehmensgeschichte erzielt. ACS hofft weiter, dass Hochtief den Schuldenkonzern aus dem Sumpf ziehen kann. Deshalb ist der von Florentino Pérez geführte Baukonzern bereit, weitere schmerzliche Opfer zu bringen.

Aktien von Hochtief will ACS deshalb nicht verkaufen. Doch ACS benötigt weiter viel frisches Geld. Deshalb will man sich offenbar vom Tafelsilber trennen. Die spanische Online-Zeitung El Confidencial berichtete, ACS sei mit Fondsgesellschaften im Gespräch, um zum Beispiel ihren Firmensitz in Madrid zu versilbern. Geplant sei ein sogenanntes "sale and lease back" Verfahren. Verkauft und zurückgemietet werden sollen unter anderen auch die Firmenzentralen der beiden Töchter Dragados und Cobra. Das spült kurzfristig Geld in leere Kassen, kann langfristig aber teuer werden.

ACS braucht Geld, weil die Verschuldung dramatisch ist und die Bereitschaft der Banken für immer neue Kredite kleiner wird. Der offizielle Schuldenstand wuchs im ersten Quartal 2012 auf 10,5 Milliarden Euro an. Ein Jahr zuvor lag er bei 8,8 Milliarden Euro. Der starke Anstieg wurde auch mit der Übernahme von Hochtief begründet. Tatsächlich sind die Verbindlichkeiten um etwa vier Milliarden Euro höher. Es handelt sich um Kredite für Projekte, die ACS seit fast zwei Jahren erfolglos zu verkaufen versucht. Und Experten erwarten, dass weitere Löcher in den Bilanzen auftauchen. Das wird die Prüfer von Deloitte vor schwierige Aufgaben stellen. Zu erinnern sei daran, dass sie im Mai geschönte Bilanzen der Bankia-Bank nicht abgezeichnet haben. Damit wurde die Bankenkrise auf die Tagesordnung gesetzt, die zur Spanien-Nothilfe führte.

Der Handlungsspielraum für den Konzern schrumpft

ACS steht offenbar das Wasser längst bis zum Hals, da Pérez seinen Expansionskurs über immer neue Schulden finanziert hat, wie er als Präsident von Real Madrid ebenfalls mit teuren Spielern den Erfolg zu kaufen versuchte. Die Schulden lasten nach dem Platzen der Immobilienblase in Spanien, das zudem tief in der Rezession steckt, gefährlich auf dem Konzern. Deshalb hat ACS schon Windparks, Häfen und Stromtrassen verkauft. Um an eine neue Kreditlinie für drei Jahre zu kommen, musste auch ein Großteil der Hochtief-Aktien kürzlich an die spanische Großbank BBVA verpfändet werden. Versilbert wurden auch schon Anteile am Mautspezialisten Abertis.

Pérez, das war besonders schmerzlich für ihn, musste auch weitere Anteile an Iberdrola verkaufen. Wie Hochtief wollte ACS auch den Energieversorger übernehmen, um das Geschäft zu diversifizieren und sich eine profitable Firma einzuverleiben. Doch er scheitert am erbitterten Widerstand der Basken. Sie verweigerten stets ACS-Vertretern den Zugang zum Aufsichtsrat. Bei Hochtief kamen sie darüber an wichtige interne Informationen, um die feindliche Übernahme gegen vorherige Beteuerungen erfolgreich einfädeln zu können.

Doch diese Übernahme rückt immer weiter in die Ferne, nachdem ACS im April 3,7 Prozent der Iberdrola-Anteile verlustreich verkaufen musste, da auch sie vom Verfall spanischer Börsenwerte betroffen waren. Für seine hochtrabenden Pläne hatte Pérez die Aktien teuer für 1,5 Milliarden Euro gekauft, die aber nur für knapp 800 Millionen verkauft werden konnten. ACS brauchte aber dringend Geld, weil die Schweizer Großbank UBS dem Konzern misstraut und einen Kredit über 900 Millionen Euro nicht verlängert hat. Von einst über 20 Prozent hält ACS offiziell noch etwa 15 Prozent der Aktien, doch bis auf knapp ein Prozent wurden sie fast vollständig an Banken verpfändet, um frische Kredite zu erhalten. Der Handlungsspielraum für ACS wird also zunehmend kleiner und man darf gespannt sein, ob der Konzern die Kontrolle über Hochtief wieder aufgeben muss, um seine enormen Schulden zu begleichen.