Slowakei steigt aus der Griechenland-Hilfe aus

Das slowakische Parlament lehnte eine Beteiligung des Landes an der Nothilfe für Griechenland ab

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Im Osten viel Neues. Nachdem sich Ungarn nicht mehr dem Spardiktat des IWF unterwerfen will, sorgt nun der Nachbar Slowakei für Aufruhr in der EU. Bratislava will sich nicht mehr an der gemeinsamen EU-Finanzhilfe für Griechenland beteiligen. Die Regierung sieht nicht ein, warum es einem reicheren Land unter die Arme greifen soll. Die neue Ministerpräsidentin Iveta Radičová, die im Juni die Wahlen gewonnen hat, stand stets dem exklusiven Hilfspaket in der Gesamthöhe von 110 Milliarden Euro kritisch gegenüber.

Letztlich hat die Christdemokratin ihr Wahlversprechen eingelöst. Nur 2 Abgeordnete stellten sich am Mittwoch gegen Radičová und 13 enthielten sich der Stimme. Die oppositionellen Sozialdemokraten, deren Vorgängerregierung der Beteiligung abgesegnet hatte, nahmen an der Abstimmung nicht teil. Am deutlich teureren gemeinsamen Rettungsschirm in einer Gesamthöhe von 750 Milliarden Euro, über den auch abgestimmt wurde, wird sich Bratislava weiter beteiligen. Damit sollen der Euro und Euroländer insgesamt aufgefangen werden, er ist nicht speziell auf ein Land ausgerichtet.

Der EU-Währungskommissar Olli Rehn hat das Verhalten als einen "Bruch der Solidarität in der Euro-Gruppe" gebrandmarkt. Es stehe die Vertragstreue der EU-Mitglieder und die Glaubwürdigkeit der Euro-Gruppe auf dem Spiel, meint Brüssel. Es wird dort befürchtet, dass das Beispiel Schule mache könnte. Nachgedacht wird in der Kommission, ob eine Rüge ausgesprochen wird oder sogar Sanktionen gegen die Slowakei verhängt werden.

Auch aus Berlin kommt Kritik an der Entscheidung. Merkel will nun die Slowakei zur Räson bringen, nein-zu-griechenland-hilfe-merkel-will-slowakei-zur-raeson-bringen/50155773.html: schreibt die Financial Times. Offiziell erklärte der Sprecher der Bundesregierung gegenüber der Zeitung, dass man die Entscheidung sehr bedauere. "Jeder muss wissen, dass er auch einmal auf die Solidarität der anderen angewiesen sein kann", sagte Steffen Seibert.

Dabei müsste doch vor allem Berlin die slowakische Ablehnung am Besten verstehen. Schließlich hatte die Bundesregierung monatelang einen gefährlichen Kurs hingelegt und die Hilfe für Griechenland abgelehnten. Statt der geplanten 30 Milliarden Euro schossen die Kosten auf 110 Milliarden in die Höhe, weil die Refinanzierungskosten für Griechenland durch Spekulation explodierten. Die einstige Argumentation von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) unterscheidet sich nicht von der, die aktuell aus Bratislava vorgetragen wird. Er hatte erklärt, er wolle nicht, "dass jetzt die deutschen und französischen Steuerzahler die Missentwicklung in Griechenland zu finanzieren haben".

Das meint auch die Slowakei, deren Beteiligung am Paket auf über 800 Millionen angewachsen ist. Nur macht Radičová auf den Unterschied aufmerksam, dass die Slowakei ärmer ist als Griechenland, während Deutschland wesentlich reicher ist. Das Land hat das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in der Eurozone und der Mindestlohn liegt in der Slowakei noch bei gut 300 Euro, während er in Griechenland knapp 900 Euro beträgt. Man könne sich deshalb die exklusive Hilfe für Griechenland nicht leisten, meinen viele Menschen in der Slowakei. Niemand habe dem Land bei den "tiefgreifenden Reformen in den Jahren 1998 bis 2002" geholfen, gab Radičová die Brüsseler Kritik postwendend zurück. Man habe damals "keinen Cent" bekommen. Sie fragt deshalb: "Wie sollte ich also unseren Bürgern erklären, dass wir nun denen helfen sollen, die nicht bereit sind, selbst etwas zu tun?"