Ratingagentur kritisiert Gipfel-Ergebnisse

Auch Moody's meint, man habe in Brüssel kaum neue Lösungsansätze für die Euro-Krise gefunden

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Es war zu erwarten, dass die Ratingagenturen wohl kaum mit den Ergebnissen des EU-Krisengipfel zufrieden sein würden. Die Beschlüsse greifen nach Ansicht von Moody's zu kurz, denn der Gipfel habe kaum neue Ansätze zur Lösung der Schuldenkrise in der Euro-Zone hervorgebracht. "An unserer Ansicht, dass der Zusammenhalt in der Euro-Zone gefährdet ist, hat sich nichts geändert." Entscheidungen zur kurzfristigen Stabilisierung der Kreditmärkte fehlten. Die Kreditwürdigkeit der Länder in der Euro-Zone würde nun einer Überprüfung unterzogen.

Das führte sogleich dazu, dass die Börsen in Europa absackten. Der Frankfurter Leitindex DAX fiel zeitweise um fast 2% und ähnlich sieht es auch an anderen Finanzplätzen in Europa aus. Die Zinsaufschläge für die Problemländer Italien und Spanien stiegen zudem wieder an. Der Spread für Italien kletterte um 29 Basispunkte auf 450. Damit muss Italien sehr gefährliche 4,5 Prozentpunkte mehr Zinsen bezahlen als Deutschland. Für Spanien stieg der Risikoaufschlag um 20 auf 380 Basispunkte. Damit zeigt sich, dass sich an den unbezahlbaren Zinsen, die Italien bald und Spanien danach abstürzen lassen werden, nichts geändert hat. Auch die Aufschläge für Frankreich sind mit 120 Punkten hoch und Belgien muss wieder gut 2,5 Prozentpunkte mehr Zinsen bieten.

Moody's hat sich der Drohung von Standard & Poor's (S&P) angeschlossen. Es hat sie auch nicht ruhig gestellt, dass zur Finanzmarktregelung und der Transaktionssteuer nichts auf dem Gipfel beschlossen wurde, obwohl die angeblichen britischen Bremser ausgeschieden sind. Man darf vermuten, dass Großbritannien der Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy nur als Ausrede diente. S&P hatte die Forderungen an den Gipfel offen dargelegt. Die Agentur drohte mit massiven Abstufungen, wenn der Europäischen Zentralbank (EZB) keine neue Rolle zugewiesen werde. Die EZB soll nach Ansicht der Ratingagenturen schwerste Geschütze auffahren können. Sie soll, wie die US-Notenbank und die britische Notenbank, die Notenpresse auf Hochtouren laufen lassen und unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenstaaten aufkaufen dürfen. S&P erklärte, man werde das Vorgehen der EZB bei der Bewältigung der Staatsschuldenkrise in die neuen Bewertungen einfließen lassen.

Der Kniefall von Merkel und Sarkozy reicht den Agenturen nicht aus, denn sie sind auch in der Frage der privaten Gläubigerbeteiligung eingeknickt. Künftig sollen Banken, Versicherungen und Rentenfonds nicht wie geplant an Staatspleiten beteiligt werden, wie es für den dauerhaften Krisenmechanismus (ESM) vorgesehen war. Die Beteiligung an der Griechenland-Pleite soll eine einzigartige Ausnahme bleiben. Das war eine zentrale Forderung der Ratingagenturen, die sie im Sommer schon für Griechenland mit allen Mitteln durchsetzen wollten . Für ihre Klientel fordern sie das Rundum-Sorglos-Paket. Ausfallrisiken sollen nur für die Finanzindustrie höhere Zinsen bringen, während bei einem tatsächlichen Ausfall der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden soll.

Es ist klar, dass man in Washington das Verhalten von Merkel und Sarkozy als Schwäche begreift und deshalb sofort nachsetzt. Sekundiert werden die Agenturen auch von der US-Administration. Denn der Gipfel hat dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine zentrale Rolle in der Rettungspolitik zugewiesen. Dafür soll der IWF zusätzliche 200 Milliarden Euro aus Europa erhalten. Das reicht natürlich hinten und vorne nicht, wenn das mit 2 Billionen Euro verschuldete Italien abschmiert, weshalb auch andere Länder Überweisungen an den IWF tätigen müssten.

Doch die USA wollen kein Geld für die Euro-Rettung ausgeben. Schon vor dem Gipfel hatte Präsident Barack Obama erklärt: "Die Europäer sind reich genug, und es gibt keinen Grund, warum sie dieses Problem nicht allein lösen könnten." Am Wochenende ließ man im Weißen Haus durchblicken, dass man keine zusätzlichen Mittel für den IWF beantragen werde. Mehr als zwei Dutzend republikanische Senatoren haben zudem eine Gesetzesinitiative gestartet. Demnach soll es zukünftig verboten sein, dass der IWF mit US-Steuergeldern Euro-Krisenländer stützt. Das ist in Griechenland, Irland und Portugal der Fall, weil die Bundeskanzlerin unbedingt die Washingtoner ins Rettungsboot holen musste.