Frankreich: Islamist als Hauptverdächtiger der Anschläge

Der mutmaßliche Attentäter, dessen Haus von der Polizei umstellt ist, hat angekündigt, sich am Nachmittag zu stellen. Die politische Verwertung im Präsidentschaftswahlkampf hat indessen eingesetzt

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Der Hauptverdächtige im Fall der Anschläge, die Frankreich in den letzten Tagen in einen Schockzustand versetzten, ist nach eigenen Angaben ein "Mudschahedin". Der 24-Jährige, der aus Algerien stammen soll, verschanzt sich einem Haus in Toulouse, das von einem großen Polizeiaufgebot umstellt ist. Der Mann soll über einige Waffen verfügen. Zu Beginn der Aktion soll es nach Informationen französischer Medien einen Schusswechsel gegeben haben. Laut Innenminister Guéant soll der Mann angekündigt haben, sich am Nachmittag zu stellen. Wie französische Medien berichten, soll Sarkozy darauf gedrängt haben, den Verdächtigen lebend zu ergreifen. Die Evakuierung des Wohnviertels ist bereits im Gange.

Die IP-Adresse seiner Mutter, die der Mann bei seiner Antwort auf eine Annonce zu einem Motorrad-Verkaufsgeschäft, das zum ersten Anschlag führte, benutzte, soll die Polizei zusammen mit anderen Recherchen auf die Spur des Mannes gebracht haben; er gehörte bereits zum Kreis der Verdächtigen, heißt es. Zudem wird berichtet, dass die Polizei Informationen von einer Yamaha-Verkaufsfiliale bekam, wonach sich kürzlich ein Mann danach erkundigt habe, wie die Ortungsmöglichkeiten an einem Maxi-Scooter auszuschalten wären, die für den Fall eines Diebstahls vorgesehen sind. Der Täter hatte bei allen drei Anschläge einen solchen Yamaha-Maxi-Scooter benutzt.

Der Verdächtige soll sich nach Angaben der Ermittler als "Mudschahedin" erklärt haben, "der zu al-Qaida gehört und den Tod palästinensischer Kinder rächen wollte". Als Grund für seine Anschläge auf die Soldaten soll er nach Äußerungen des Innenministers Guéant die Auslandseinsätze der französischen Armee genannt haben. Erwähnt wird auch ein Aufenthalt des Mannes im Jahr 2006 in einem "afghanischen Trainingscamp". In Kandahar soll er inhaftiert gewesen sein. Der Gefängnisdirektor gab gegenüber Le Monde an, dass Mohamed M. wegen Bombenlegens zu drei Jahren Haft verurteilt worden war. 2010 und 2011 hielt er sich bei militanten Gruppen im pakistanischen Grenzgebiet auf. Laut Le Monde handelte es sich um pakistanische Taliban.

Politische Verwertung

Während die Medien in Live-Ticker-Berichten weiter Einzelheiten - etwa, dass der Mann zur Fremdenlegion wollte, aber abgelehnt wurde - zu dem lange Zeit anscheinend gesprächigen Mordverdächtigen bekannt geben, hat auch die politische Verwertung der jüngsten Entwicklungen für den Wahlkampf eingesetzt. Marine Le Pen, Präsidentschaftskandidatin des Front National, äußerte im TV, dass das fundamentalistische Risiko unterschätzt worden sei. "Politisch-religiöse Gruppen" würden sich angesichts einer "bestimmten Laxheit" entwickeln. Man müsse jetzt einen Krieg gegen diese fundamentalen Gruppen führen.