Frankreich will militärischen Druck auf Gaddafi erhöhen

Konferenz der Außenminister der Nato-Länder: Frankreich ärgert sich über "Bremser"

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Die heutigen Verhandlungen der 28 Außenminister über Libyen könnten sich schwierig gestalten, prophezeit das französische Nachrichtenmagazin Nouvel Observateur. Frankreich und Großbritannien sind unzufrieden mit dem bisherigen Verlauf der militärischen Intervention. Cameron und Sarkozy sind sich darin einig, dass der "militärische Druck" auf das Gaddafi-Regime erhöht werden soll und wollen ihre Verbündeten davon überzeugen, gewisse Bremsen zu lösen. Gemeint sind damit vor allem Deutschland und die Türkei; laut Beobachtern zielt die Kritik aus Frankreich aber auch gegen Spanien, die Niederlande und Italien, die sich zu "vorsichtig" und "buchstäblich" an die Einsatzregeln halten würden.

Der französischen Außenminister Alain Juppé schließt sich den Klagen der libyschen Rebellen an und bezeichnete die bisherigen Aktionen unter dem Kommando der Nato als "ungenügend". Er ließ wissen, dass er die Mitglieder der Allianz danach fragen werden, den Vertrag besser einzuhalten, da sich nur 6 der 28 Staaten, nämlich Belgien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Norwegen und Großbritannien, an Angriffen beteiligen. Die Nato müsse dafür sorgen, dass Gaddafi keine schweren Waffen mehr gegen die Bevölkerung einsetze, so Juppé.

Die Kritik an der Nato kann allerdings auch als Ablenkungsmanöver verstanden werden. Der bisherige Verlauf der Intervention weist mehr und mehr in die Richtung, auf die Kritiker, darunter auch US- Militärs, schon sehr bald hingedeutet haben: Dass Gaddafi militärisch nicht so leicht zu besiegen sei, wie sich das manche vorgestellt hatten, dass der Konflikt in Libyen überhaupt militärisch nicht zu lösen ist. Man tut sich in der französischen Führung offensichtlich schwer dieses Scheitern einzugestehen.

Dass Sarkozy am Wochenende inoffiziell signalisierte, dass Verhandlungen mit Gaddafi nicht mehr ausgeschlossen sind, ist ein erstes Zeichen der Ernüchterung. Das wird allerdings in Kritik an den Unzulänglichkeiten, der allzugroßen Vorsicht der Nato und ihrer "Bremsen" eingebettet. Gegen die Einsicht, dass noch mehr militärischer Druck nicht unbedingt zu deutlichen Fortschritte in diesem Konflikt führen, steht der Traum von der Wiederbelebung der Grande Nation. Den hegt und pflegt Sarkozy als letztes verbliebenes Glanzmittel für sein schwer angekratztes Image.