Österreich: Strafanzeigen gegen Rabbi und moslemischen Arzt

Initiative gegen Kirchenprivilegien sieht wegen Beschneidungen Tatbestand der Körperverletzung erfüllt

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Nicht nur in Deutschland, auch in Österreich wird seit dem Sommer eine Debatte über Beschneidung geführt. Während sie in Deutschland nach dem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Legalisierung dieser Praxis abflaute, nimmt sie in Österreich an Schärfe zu: Dort hat die Initiative gegen Kirchenprivilegien nun über die Rechtsanwältin Dr. Anja Oberkofler bei der Staatsanwaltschaft Wien Strafanzeigen gegen den Betreiber eines moslemischen Beschneidungszentrums und gegen Schlomo Hofmeister gestellt. Hofmeister, der Rabbi der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), hatte vorher Aufsehen erregt, als er sich zu über 1.000 selbst durchgeführten Beschneidungen bekannte.

Begründet wurde diese Strafanzeige mit dem Vorwurf der Körperverletzung, der sich beide Personen durch die Beschneidung minderjähriger Knaben schuldig gemacht haben sollen. Die Initiative (der auch ein Mann angehört, der seine eigene Beschneidung als Kind als negatives Ereignis empfand) begründet den Vorwurf damit, dass es sich bei den aus religiösen Gründen durchgeführten Vorhautentfernungen um Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ohne medizinische Rechtfertigung oder Zustimmung der Betroffenen handle. Bei Hofmeister, der kein Mediziner ist, sieht die Initiative zudem einen Verstoßes gegen das österreichische Ärztegesetz vorliegen. Den Betreiber des Beschneidungszentrums, der Medizin studiert hat und gleichzeitig der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) vorsteht, will man zusätzlich bei der Disziplinarkommission der Ärztekammer anzeigen.

Bisher wollte man sich weder bei der IKG noch bei der IGGiÖ oder der Staatsanwaltschaft zu den Strafanzeigen äußern. Die österreichische Justizministerin Beatrix Karl hatte nach dem Kölner Urteil, das die Beschneidungsdebatte ausgelöste, gemeint, die Vorhautentfernung sei in Österreich kein Problem des Strafrechts und sie sehe im Hinblick auf die als Grundrecht geschützte Religionsfreiheit auch keinen Bedarf, daran etwas zu ändern. Der § 90 Absatz 3 des österreichischen Strafgesetzbuchs (der regelt, dass eine Einwilligung in eine "Verstümmelung oder sonstige Verletzung der Genitalien", dann nicht möglich ist, wenn sie "geeignet ist, eine nachhaltige Beeinträchtigung des sexuellen Empfindens herbeizuführen") wurde in der Vergangenheit trotz Klagen männlicher Beschnittener nur auf Frauen angewendet.