Ägyptische Wirtschaftskrise spielt Mubarak in die Hände

Die Führung will den Normalzustand verhängen, während der Sicherheitsapparat weiterhin unmenschliche Methoden anwendet

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Der Wandel in Ägypten sollte nicht allzu schnell gestaltet werden, sprach Bundekanzlerin Merkel heute auf der Münchner Sicherheitskonferenz, man müsse den "Übergangsprozess hinkriegen, ohne dass ein Machtvakuum entsteht". Den Warnungen vor dem Machtvakuum aus dem fernen Bayern und den Forderungen nach seinem sofortigen Rücktritt vom nahen Tahrirplatz zum Trotz ist der ägyptische Präsident Mubarak heute Regierungsgeschäften nachgegangen.

Mit den Premier-, Finanz-, Öl- und Handelsministern beriet man sich laut BBC über Auswege aus der Wirtschaftskrise, die sich, wie staatlicherseits immer wieder betont wurde, durch die seit 12 Tagen anhaltenden Proteste verschärft habe. 310 Millionen Dollar soll der Aufstand gegen Mubarak Ägyptens Wirtschaft täglich kosten, wird berichtet. Man will zurück zum normalen Geschäftsleben, so lautet die Botschaft. Mit Blick auf die Wirtschaftskrise und die Auswirkungen der Proteste auf den Tourismus argumentiert man gegen die Demonstrationen; die ägyptische Tageszeitung al-Masry-al-Jaum machte am Donnerstag ersten Unmut in der Bevölkerung über die Demonstranten ausfindig.

"I think the aim is to extinguish all demonstrations and be back in business by (the start of the work week on) Sunday." Amr Hashem Rabie

Die Bevölkerung soll wieder zurück an die Arbeit gehen, das Mantra wird verschärft, mit leisem aber nachhaltigem Druck von Sicherheitskräften am Tahrirplatz wie im Guardian-Live-Blog gut zu verfolgen ist:

"2.26pm: Mustafa Khalili has just filed an update on the situation in Tahrir Square where soldiers appear to be taking a more aggresive stance towards the protesters. 1.31pm: Mustafa Khalili in Cairo has called in to report that the Egyptian army is moving its tanks beyond the barricades in Tahrir Square and appear to be trying to scare the protesters into going home. He also says soldiers are trying to shut down one of the first aid stations inside the square."

Laut al-Jazeera Live-Blog haben Journalisten und Ausländer außerhalb des Tahrirplatzes nach wie vor mit tätlichen Angriffen zu rechnen:

"2:10pm: The security situation for journalists in Cairo is stillvery poor, as the government is cracking down on the media.(...)

Our web producer says the area immediately around Tahrir Square is mostly safe for journalists. But sporadic clashes continue to rage downtown just 500 metres from the square, and Egyptian contacts say many other residential neighbourhoods are not safe for journalists - gangs operate unofficial checkpoints, and some foreigners have been dragged out of their cars and assaulted."

Viele der in den letzten Tagen verhafteten ägyptischen Menschenrechtler sind noch immer nicht freigelassen worden, berichtet das Blog "The Arabist":

"Wahrscheinlich befinden sich noch Hunderte, wenn nicht Tausende anderer Personen in Haft und werden verhört oder gefoltert. (...) Es sind die Ägypter, die von der Polizei oder von der Geheimpolizei gefasst wurden, um die ich mir große Sorgen mache."

Wie die Methoden der Polizei aussehen, kann man an diesem Beispiel erfahren.

Indessen bestärkt Premierminster Shafik im Staatsfernsehen den Eindruck, dass das Land wieder auf dem Weg zum Normalzustand sei. Verhandlungen mit der Opposition würden die Möglichkeit anzeigen, dass man auch zu einer Verständigung kommen könne, ohne dass Mubarak abtreten muss.

"The comments by prime pinister Ahmed Shafiq on state TV suggest the government may calculate it can ride out protests and reach a deal with its opponents without Mubarak's ouster."