Auch der IWF zweifelt an Griechenland-Rettungsstrategie

Nachdem das Land nun in die Depression gespart wurde, erwägt man beim Internationalen Währungsfonds neue Eckwerte des Rettungspakets

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Offensichtlich ist nun sogar bis zum Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgedrungen, dass Griechenland mit dem bisher eingeschlagenen Rettungskurs nicht zu retten ist. So berichtet der "Spiegel", unter Berufung auf einen internen IWF-Vermerk, dass man bei der Washingtoner Finanzorganisation den Glauben an die eigene Strategie verloren hat. Zwar gibt man das nicht offen zu, doch ist es die übliche IWF-Rosskur, die bisher in Griechenland angewendet wird und die das Land noch tiefer in den Sumpf geführt hat.

Aus dem Spiegel-Bericht geht hervor, dass die IWF-Experten während der nächsten Troika-Mission, die Mitte Januar startet, wichtige Eckwerte des Rettungspakets an die verschlechterte Wirtschaftssituation anpassen wollen:

"Laut einem internen IWF-Vermerk soll Griechenland entweder einen höheren Konsolidierungsbeitrag leisten, sollen die privaten Gläubiger auf einen höheren Anteil ihrer Forderungen verzichten oder die Euro-Staaten sich mit einem höheren Beitrag beteiligen."

Dabei war doch so gut wie allen Experten klar, dass der eingeschlagene Weg das Land vom Regen in die Traufe spülen wird. Der harte Sparkurs, den Wirtschaftsnobelpreisträger schon vor vielen Monaten als "verrückt" bezeichnet haben, führte dazu, dass die Wirtschaft der Hellenen stark geschrumpft ist - ein Rückgang, der auch noch ein paar Jahre anhalten könnte. Einige Experten sprechen schon davon, dass das Land sich nicht mehr in einer Rezession, sondern schon in einer Depression befindet. Nachdem 2011 die Wirtschaft um 5,5% geschrumpft sein soll, geht die EU-Kommission davon aus, dass es 2012 erneut wieder fast 3% werden sollen.

Massive Entschuldung wäre nötig

Angesichts dieser Daten wird noch einmal deutlich, dass der zaghafte Schuldenschnitt, der die Staatsschulden des Landes bis 2020 auf 120% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drücken soll, niemals ausreichen kann und die Pleite bestenfalls verschiebt. Ohnehin sind derart hohe Schulden nicht zu beherrschen - und auch das hatte der IWF schon viel früher festgestellt.

Da kann der IWF lange lamentieren, dass die Privatisierungsziele nicht erreicht wurden und auch die Steuern nicht wie erhofft fließen. Erstens würde sich damit an der Lage nur wenig ändern und am Beispiel der abgesagten Privatisierung der spanischen Lotteriegesellschaft zeigt sich, wie unsinnig es schon mittelfristig ist, das Tafelsilber zu verscherbeln. Es ist längst klar, dass Griechenland massiv entschuldet werden muss, damit das Land überhaupt eine Chance hat, wieder auf die Beine zu kommen.

Die Frage ist nur, ob die Experten der Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission zu dieser Einsicht kommen, wenn sie nun erneut nach Athen reisen, um die Reformen zu überprüfen. Klar ist, dass sich die Lage im Rahmen der neuen Griechenland-Krise für Italien und Spanien deutlich zuspitzen wird, denn es wird bald brenzlig. Bis 20. März braucht Griechenland frische 14,5 Milliarden Euro, weil diese Anleihen fällig werden und bedient werden müssen.

Austritt?

Der tschechische Zentralbank-Gouverneur Miroslav Singer erklärte derweil, Europa müsse bereit sein, dem Land massive Finanzhilfe zu gewähren oder Griechenland müsse den Euro verlassen, um die eigene Währung abwerten zu können und wettbewerbsfähiger zu werden. "Wenn es nicht den Willen gibt, Griechenland eine sehr große Geldmenge aus europäischen Strukturfonds bereitzustellen, sehe ich keine andere Lösung als den Austritt aus der Eurozone und eine massive Abwertung der neuen griechischen Währung", sagte Singer im Interview mit der Zeitung Hospodarske Noviny. Anstatt sich jahrelang auf das kleine Griechenland zu konzentrieren, sollte Europa sich um seine Banken kümmern, die eine Rekapitalisierung benötigen, meinte Singer.

Italien am Abgrund und die vergebliche Hoffung auf den Hebel

Neben vielen angeschlagenen Banken steht aber auch das hoch verschuldete Italien längst am Abgrund. Jede neue Verwerfung kann das drittgrößte Euroland schnell unter den Rettungsschirm drängen, doch der reicht sogar "gehebelt" dafür nicht aus. Es ist längst deutlich geworden, dass der Hebel nicht funktioniert, dass nur auf eine deutlich geringere Summe gehebelt werden kann.

Erneut trifft sich heute die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, um wieder einmal vor dem kommenden EU-Gipfel ihre Krisenstrategie abzustimmen. Der Kurs des Euro ist derweil in der Nacht auf Montag zeitweise auf 1,2666 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit September 2010 gefallen.