Mobilmachung gegen Elsevier?

Wissenschaftler drohen mit Boykott des Wissenschaftsverlages

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Der niederländische Wissenschaftsverlag Elsevier ist zum einen ein Riese seiner Branche, der über 2.600 Journals auflegt, zum anderen nicht wenigen Wissenschaftlern und Bibliothekaren ein Dorn im Auge. Er ist als Preistreiber verschrien, dessen Publikationen mit die höchsten Preissteigerungsraten an den Tag legen und der immense Renditen einfährt: So machte der Verlag 2009 einen Gewinn von 1,1 Milliarden Dollar.

Unbestritten ist, dass Elseviers Geschäftsgebaren zwar die Einnahmen des Konzerns steigert, aber den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, die der Verlag publiziert, verknappt. Die Interessenswahrung des Verlags schließt Lobbyarbeit mit ein, die in Gesetzesinitiativen wie PIPA, SOPA und Research Works Act münden. Den genannten Initiativen ist gemein, die "intellectual property regimes" radikal zugunsten der Verwerter von Informationen, zu denen auch die Wissenschaftsverlage gehören, zu verändern, indem umfangreiche Verbote offener oder auch nur entgeltfreier Nutzung von Informationen etabliert bzw. weitgehende Sanktionsmöglichkeiten bei angenommenen Verstößen gegen diese Verbote eingeführt werden.

Besonders Open-Access-Mandate, deren Ziel es ist, Publikationen aus mit öffentlichen Mitteln geförderter Forschung im Web entgeltfrei nutzbar zu machen, sind derzeit Attacken durch wissenschaftliche Verlage ausgesetzt. So startete die Lobbyvereinigung US-amerikanischer Wissenschaftsverlage Association of American Publishers mit dem Research Works Act den Versuch, Open-Access-Mandate der Forschungsförderungsinstitutionen auszuhebeln. Auch Elseviers Policy, die es Wissenschaftlern prinzipiell und unter Auflagen erlaubt, beim Verlag publizierte Texte zusätzlich auf den (auch Repositories genannten) Open-Access-Servern der wissenschaftlichen Einrichtung des Autors frei zugänglich zu machen, kennt feine Unterschiede: Ausgenommen von dieser Regelung sind "Institutional Repositories With Mandates".

Elsevier scheint den Bogen nun nach Ansicht nicht weniger Wissenschaftler überspannt zu haben: Es droht Ungemach seitens der Forscher, die wie z.B. die Mathematiker Timothy Gowers (1998 Gewinner der Fields-Medaille, des Nobelpreis-Pendants in der Mathematik) und Tyler Neylon offen bekennen, bei Elsevier weder Artikel einzureichen, noch sie zu begutachten oder als Herausgeber für den Verlag tätig zu sein. Neylon launchte eigens zu diesem Zweck die Website The Cost of Knowledge, auf der Wissenschaftler sich zum Elsevier-Boykott bekennen können.