Das Versprechen der Hedgefonds

Risikoneigung der Manager ist abhängig von der Jahreszeit.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In der aktuellen Studie: "Locking in the profits or putting it all on black? An investigation into the risk-taking behaviour of hedge fund managers” haben die Londoner Ökonomen Andrew Clare und Nick Motson das Verhalten von Hedgefonds-Managern untersucht. Im Vordergrund stand dabei die Frage, wie sich die bei diesen Fonds üblichen Entlohnungsstrukturen auf das Investitionsverhalten und insbesondere auf die Risikoneigung der Manager auswirkt.

Bis zum Anfang des Vorjahres war das Wachstum der Hedgefonds gewaltig: Hatte es 1990 gerade einmal 610 Hegefonds mit einem Anlagevermögen von zusammen 38,5 Mrd. USD gegeben, waren es Ende 2007 bereits 10.096 einzelne Fonds mit insgesamt 1.868 Mrd. USD unter Management.

Die Autoren erklären diesen großen Markterfolg mit den oft sehr schwachen Ergebnissen der normalen Investmentfonds, deren Risikobestandteile zumeist aus "Long-only" Aktienpositionen bestanden und deren Erfolg im Vergleich mit einer "Benchmark" (d.h. zumeist einem bestimmten Aktienmarktindex) bestimmt wird. Dementsprechend gilt ein normaler Fondsmanager selbst dann als erfolgreich, wenn er Verluste schreibt – Hauptsache er schneidet besser ab als der Index. Hedgefonds versprachen hingegen selbst in negativen Börsenjahren positive Erträge zu erzielen, was zuerst vor allem bei institutionellen Anlegern auf großes Interesse stieß.

Allerdings erwies sich 2008 auch für die Hedgefonds-Industrie als "annus horribilis": So hatte der viel beachtete HF-Index der Credit Suisse bereits Ende Oktober ein Minus von 15,5 Prozent verzeichnet und nur zwei der zwölf darin enthaltenen Investmentstrategien ("Managed Futures" und "Aktien Leerverkauf") konnten positive Ergebnisse vorweisen, während die CS-Indizes für Convertible Arbitrage, Emerging Markets und Fixed Income Arbitrage jeweils 29,6%, 29,2% und 24% verloren. Von den versprochenen positiven Erträgen konnte also keine Rede sein, und die Investoren zogen massiv Mittel ab, sofern die Fonds nicht die Rückzahlungen vorübergehend eingestellt hatten.

Die Studienautoren haben nun untersucht, inwieweit die Versprechen der Hedgefonds-Manager (namentlich das Ziel, selbst in schwachen Börsenjahren Gewinne zu erzielen) der Realität entsprechen. Dabei lassen sich die Fonds ihre angeblich überlegenen Finanzmanagementkenntnisse typischerweise mit einer fixen jährlichen Gebühr von zwei Prozent des investierten Kapitals vergüten. Dazu kommt eine Prämie von 20 Prozent der Gewinne, um die eine bestimmte "high water mark" übertroffen werden sollte.

Allerdings müssen die Manager davon nichts zurückgeben, sollten sie an den eigenen Ansprüchen scheitern. Laut Clare/Motson haben die Fondsmanager also eine Call-Option auf die Performance des Fonds, die ihnen theoretisch unbeschränkte Gewinnchancen, aber nur ein sehr beschränktes Verlustrisiko einräumt.

Diese Gebührenstruktur habe den Autoren zufolge klar identifizierbare Konsequenzen auf die Anlagestrategie. Wie sie feststellen neigen Manager dazu, ihr Risikoprofil im Jahresverlauf anzupassen, je nachdem, ob diese Option im Jahresverlauf ins Geld kommt (d.h. einen positiven Wert besitzt) und wie sie im Vergleich mit ihren unmittelbaren Konkurrenten abschneiden. Demnach reduzieren sie die Risiken, wenn sie bereits einiges an "Performance-fee" verbuchen konnten und diese nicht mehr riskieren wollen. Sind sie hingegen zurückgefallen, steigern sie die Risiken – anders als die Autoren ursprünglich erwartet hatten – jedoch nicht so stark, wie die Autoren ursprünglich vermutet hatten. So wäre es für die Manager eigentlich rational, bei schlechten Ergebnissen am Jahresanfang auf eine riskante "Alles auf schwarz"-Strategie zu setzen. Dabei würden die Manager gegen Jahresende noch hohe Risiken eingehen, um am Ende doch noch eine saftige Jahresprämie zu kassieren. Denn im Verlustfall wären ja ohnehin nur die Kundengelder verloren. Das konnten die Autoren allerdings nicht nachweisen, was sie sich damit erklären, dass die Manager in der Regel gezwungen sind, substantielle Teile ihres Privatvermögens in den selbstgemanagten Fonds anzulegen, woraus sich tatsächlich auch für Investoren ein gewisser Schutz vor übermäßigen Risiken ergebe.

Die geringer als erwartete Risikoneigung von verlustreichen Fonds könnte nun wiederum bedeuten, dass die zuletzt schwer unter Druck geratene Branche kaum schon bald auf Schnäppchenjagd geht und so zur Stabilisierung der Preise beiträgt.

Investoren, die sich von ihren Geldmanagern eine von der Jahreszeit unabhängige Investmentstrategie erwarten, sollten die Ergebnisse jedenfalls zu denken geben, meinen die Autoren. Eindeutig abzulehnen sei zudem die Behauptung der Manager, ausschließlich "absolut positive Erträge" zu suchen, also Erträge, die sich nicht an einer "Benchmark" orientieren. Viel mehr würden sich die Manager überwiegend an relativen Vergleichsmaßstäben, also dem Schnitt der Fonds mit vergleichbarer Strategie, orientieren, wozu sie allerdings auch von den Investoren gezwungen würden, die derartige Vergleiche jedenfalls anstellen.

Allerdings umfasst der von den Ökonomen untersuchte Zeitraum keine Phase, bei der die Mehrheit der Hedgefonds mit einem Abstand von dreißig, vierzig und mehr Prozent hinter die High-water-mark zurückgefallen waren. Diese müsste erst wieder erreicht werden, um für die Manager Performance-fees zu generieren. Dabei sollten sie momentan angesichts der durchwegs niedrigen Preise zwar nicht ganz chancenlos sein, derzeit ist jedoch nicht zu beobachten, dass Hedgefonds irgendwo massiv auf der Käuferseite stehen würden.