Überwachungseifer, der Grenzen sprengt

Wer "Bombe" schreibt, steht unter Verdacht - Die deutschen Geheimdienste haben 2010 mehr als 37 Millionen E-Mails überprüft

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Die deutschen Geheimdienste haben die Überwachung von E-Mails intensiviert. Wie aus Berichten des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, zuständig für "die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes" und ihrer Überwachung, nach Medienberichten hervorgeht, hat sich die Zahl der überprüften E-Mails und Datenverbindungen 2010 im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht.

Insgesamt 37.292.862 E-Mails und Datenverbindungen sollen 2010 überprüft worden sein, haben Journalisten der Bild-Zeitung aufgrund der Angaben des Kontrollgremiums herausgefunden - und dabei eine Bombennachricht entdeckt: Die Mails seien unter anderem deswegen überprüft worden, weil das Wort "Bombe" in ihnen auftauchte. Tatsächlich verwertbare Hinweise unter den 37 Millionen untersuchten Mails gab es in 213 Fällen. Die Diskrepanz zwischen Überwachungswillen, Überwachungsaktivität und Ergebnis bestätigt einmal mehr Kritiker solcher empfindlich in die Privatsphäre übergreifenden Maßnahmen.

Wie sich immer wieder zeigt - so zum Beispiel aktuell beim Kommentar des Chefs der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, zum gestern verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verwendung von Telekommunikationsdaten, das die Verwendung solcher Daten beschränkt -, sind Ermittler selbst von höchstrichterlichen Einschränkungen von ihrem Überwachungseifer nicht abzubringen. Ganz im Gegenteil:

"Die Ermittler sollten jetzt spähen, so viel es geht, sonst werden der Polizei später fehlende Ermittlungserkenntnisse vorgeworfen."