Wiener Polizei toleriert Hooligan-Rassismus

Grüne Bezirksrätin aus Wien von deutschen Hooligans bedroht - die Polizei blieb untätig

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Am vergangenen Freitag fand in Wien das EM-Qualifikationsspiel Deutschland- Österreich statt. Die Meldungen von deutscher Hooligan-Randale und rund 200 Festnahmen gingen um die Welt und hinterließen ein so peinliches wie erschreckendes Bild. Am selben Tag wurde die Grüne Bezirksrätin Negar Roubani (25) aus Wien im Zug von deutschen Hooligans beschimpft und bedroht - die hinzugerufene Polizei schien das nicht zu kümmern.

Der Vorfall ereignete sich einige Zeit vor dem massiven Polizeieinsatz in der Wiener Innenstadt, bei dem gut zweihundert randalierende und teils rechtsradikale Hooligans, überwiegend aus Ostdeutschland, vorübergehend festgenommen wurden. Negar Roubani, Bezirksrätin der Grünen in Wien, saß von Salzburg kommend im Zug. Wie sie berichtet, befanden sich mehrere stark alkoholisierte Deutsche im Zug, die erst Fußballparolen grölten und dann bereits lautstark ankündigten: "Heute haun wir auf die Fresse!"

Wenig später erklang demnach das Deutschlandlied und der Hitlergruß wurde gezeigt, Mitreisende, die sich beschwerten, fingen sich antisemitische Beschimpfungen ein. Roubani ging das zu weit: "Ich bat sie höflich darum, das zu beenden, woraufhin sie mich beschimpften – ich solle "zurück nach Afghanistan" gehen, es fielen Ausdrücke wie "Marokko-Sau" und "Kommunistenschwein". Einer stand auf und kam demonstrativ und bedrohlich auf mich zu, worauf ich mich natürlich zurückzog."

Roubani alarmierte daraufhin telefonisch die Polizei und setzte sich schutzsuchend zu einer jungen Familie. Am Bahnhof in Wien warteten dann "ca. zehn Polizisten", so Roubani. "Als ich sie ansprach reagierten sie nicht, erst als ein weiterer Zeuge der Angelegenheit mich unterstützte." Ein Polizist habe gefragt, was er denn nun machen solle, und dass er nur eingreifen könne, wenn etwas passiert sei - während die Hooligans grölend vorbeizogen. Dass der Hitlergruß ein Straftatbestand ist, schien ihn nicht weiter zu interessieren. Er warf Roubani vor, nur sie habe das angeblich gesehen. Ihr Hinweis auf ein ganzes Zugabteil voller Zeugen ließ den Beamten kalt: "Auf meinen letzten Hinweis, dass sie offen gegrölt haben, dass sie Hooligans sind und 'Leuten auf die Fresse hauen wollen' sagte er mir nur wieder, dass sie erst einschreiten könnten, wenn etwas passiert sei, und nicht schon präventiv, und dass es ja eh zu Ausschreitungen kommen würde. Ich war völlig fassungslos und verlangte die Dienstnummer des Polizisten, worauf er meinen Ausweis verlangte und meinen Namen notierte", berichtet sie weiter.

Die Polizeidirektion Wien hat von der Angelegenheit selbst erst aus der Presse erfahren - auf Nachfrage von Telepolis heißt es, der zuständige Einsatzleiter habe den Vorfall nicht gemeldet, zudem sei der Polizist, der Negar Roubani am Freitag abgewiesen hatte, krankgeschrieben. Man will der Sache mit einer internen Ermittlung auf den Grund gehen.

Auch die Grünen in Wien wollen das Thema nicht auf sich beruhen lassen und mit einer Parlamentarischen Anfrage reagieren. Roubani, die von dem Erlebnis noch sichtlich schockiert ist, ist selbst in hohem Maße engagiert für Menschen- und Flüchtlingsrechte, setzt sich für die Rechte von Homosexuellen ein und kritisiert die radikale Ausländerpolitik der FPÖ scharf. Ihr Mut und ihre enorme Zivilcourage prallten am Freitag auf institutionalisierte Gleichgültigkeit. Wäre bereits hier reagiert worden, hätten die Ausschreitungen, die später stattfanden und für Schlagzeilen sorgten, möglicherweise zumindest zum Teil verhindert werden können - immerhin waren es Ausschreitungen mit deutlicher Ansage.