Spanische Entsalzungsanlagen kaum im Betrieb

Die EU-Kommission fordert von den Iberern, die mit 1,5 Milliarden Euro geförderten Anlagen auch zu nutzen, die spanische Regierung denkt eher ans Umlenken von Flüssen

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Obwohl auch in Spanien erneut eine schwere Dürre droht, wird das Potential zur Entsalzung von Meerwasser nicht genutzt. Der Minister für Landwirtschaft und Umweltschutz der neuen konservativen Regierung hatte kürzlich sogar erklärt, der Wasserplan der sozialistischen Vorgängerregierung sei ein "völliger Fehlschlag". Miguel Arias Cañete hatte seine Einschätzung damit untermauert, dass 2011 nur 16,45 Prozent der Kapazität der 17 Entsalzungsanlagen genutzt wurde, die schon in Betrieb gegangen sind. "Die Kosten für die Entsalzung sind untragbar für eine Nutzung wie in der Landwirtschaft", erklärte er.

In Brüssel stoßen solche Aussagen auf Kopfschütteln. EU-Umweltkommissar Janez Potocnik hatte kürzlich von Cañete gefordert, prioritär die Entsalzungsanlagen zu nutzen. Am Montag hat die Tageszeitung El País aus einer Email einer Sprecherin der EU-Kommission an die spanische Regierung zitiert, womit die Brüsseler Verärgerung deutlich wird. Die Sprecherin erinnert, dass von den 1,6 Milliarden Euro, die bisher in die Anlagen gesteckt wurden, 1,5 Milliarden von europäischen Steuerzahlern kamen. Man habe "zur Kenntnis genommen", dass sie kaum genutzt würden, womit die Effektivität der eingesetzten EU-Mittel fraglich sei. Die spanische Regierung solle "notwendige Maßnahmen ergreifen", um die Anlagen vernünftig zu nutzen, "die mit Geld aus europäischen Fonds bezahlt wurden". Geschehe das nicht, wird damit gedroht, dem Land den Geldhahn abzudrehen, denn das "kann sehr negative Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Fonds für Spanien haben", zitierte El País aus dem Schreiben.

Riesiger Pro-Kopf-Verbrauch von Wasser

Spanien gehöre zu den Mitgliedsländern die unter dem "größten hygrischen Stress" litten, sei aber gleichzeitig unter den 27 EU-Ländern, in denen Wasser am billigsten sei. "Das ist widersinnig", urteilt die EU-Kommission. Seit langem bemängeln auch Umweltschutzorganisationen, dass der niedrige Preis Verschwendung fördert, denn Spanien ist dabei spitze. Der Pro-Kopf-Verbrauch pro Tag wird mehr als doppelt so hoch angegeben wie in Deutschland, wo es etwa 120 Liter am Tag sind. Auch beim Gesamtverbrauch pro Jahr, in den auch die Landwirtschaft eingerechnet ist, deren Wasserverbrauch immer weiter steigt, soll Spanien mit 1040 Kubikmetern pro Kopf ein Spitzenverbraucher weltweit sein.

Die EU-Kommission zielt darauf ab, den Wasserpreis anzuheben, um Wasser nachhaltiger zu nutzen. Während der Umweltminister vorrechnet, dass ein Kubikmeter Wasser aus Entsalzungsanlagen etwa 1,1 Euro koste und für die Landwirtschaft untragbar sei, weist Brüssel darauf hin, dass vor allem die "hoch rentable Landwirtschaft im Südosten" des Landes davon profitiere und dass Wasser "hoch subventioniert" über große Entfernungen herangeschafft werde. Mit billigem Wasser, auch illegal dem Grundwasser entnommen, wird oft durch falsche Bewässerung zudem die Erosion und die Versalzung der Böden gefördert.

Spanische Regierung will weiter Flüsse umleiten

Auf neue Wassertransfers setzt offensichtlich auch der Umweltminister, anstatt die Landwirtschaft zu modernisieren und auf einen nachhaltigen Umgang und auf Meerwasserentsalzung in einem Land zu setzen, das zunehmend zur Wüste wird. Cañete will deshalb die Flussmengen der Flüsse ermitteln und dann Wasser umleiten, falls es im Überschuss vorhanden sei. Dabei sind diese "Röhrenträume" eher teure Trugbilder, die das eigentliche Problem bestenfalls verschieben, wurde in Studien ohnehin längst festgestellt.

Beim neuen Umwelt- und Landwirtschaftsminister klingt erneut der Nationale Wasserplan (PHN) durch, mit dem die Volkspartei (PP) in der Regierungszeit bis 2004 das Wasser aus den Pyrenäen über den großen Ebro in den spanischen Süden leiten wollte, womit dort vor allem Golfplätze in den nun oft leerstehenden Wohnanlagen bewässert werden sollten. Als die Sozialisten (PSOE) 2004 die Macht übernahmen, kippten sie den PHN auch deshalb, weil Brüssel eine Finanzierung der geschätzten Kosten von 25 Milliarden Euro ablehnte. Denn dort ist man sich inzwischen auch über die gravierenden Umweltfolgen solcher Projekt bewusst. In der Email wurde deshalb auch darauf verwiesen, dass darüber andere Landstriche ausgetrocknet würden und viele Feuchtgebiete verloren gingen, wie es in Spanien schon zum Teil mit fatalen Folgen zu beobachten ist.

Da es wegen der Klimaveränderungen ohnehin immer weniger Wasser gibt, das überhaupt noch abgeleitet werden könnte, wurde von Brüssel initiiert in den vergangenen Jahren unter der PSOE immer stärker auf Entsalzung gesetzt, um die Wasserversorgung sichern zu können. Allerdings griffen die Pläne zu kurz und waren wie in der Solarförderung eher improvisiert. Man reagierte eher panisch auf die Wasserknappheit, die zum Teil schon dramatische Ausnahme erreicht hatte. 2008 musste sogar die Metropole Barcelona Wasser rationieren und es mit Schiffen aus dem südfranzösischen Marseille heranschaffen. Dort wurde zwar 2009 die größte Meerwasserentsalzungsanlage eingeweiht, die 25 Prozent der Wasserversorgung für die 4,5 Millionen Bewohner sichern kann. Angesichts starker Regenfälle vor einem Jahr wurde sie dann aber 2011, wie die übrigen Anlagen kaum genutzt.

Die nächste Dürre kommt

Derzeit sind die mehr als 1200 Stauseen im Land zwar noch immer einigermaßen gut gefüllt. Doch in diesem Winter hat es außer an der Atlantikküste kaum geregnet und in der südspanischen Region Murcia zeigt ein Füllstand der Stauseen von 34% schon jetzt ein trauriges Bild. In weiten Teilen Spaniens fielen nur 25 Prozent der üblichen Niederschlagsmenge. Das meteorologische Institut in Madrid hat deshalb festgestellt, dass der Dezember, Januar und Februar "sehr trocken" waren.

So verwundert es niemanden, dass die Thermalquellen von Yesa noch immer freiliegen, denn der große Stausee ist nur zu knapp einem Drittel gefüllt. Das ist ein deutliches Zeichen. Eigentlich müsste der Wasserstand im Frühjahr wegen der Schneeschmelze in den Pyrenäen stark steigen. Doch er sinkt sogar deutlich und das liegt nicht an niedrigen Temperaturen, sondern am fehlenden Schnee. Deshalb kann sich die Lage in Spanien bald zuspitzen, wenn es nicht bald regnet. Dann könnte es sich rächen, dass Madrid sogar die Fertigstellung von 15 Entsalzungsanlagen in Frage stellt, die sich noch im Bau befinden. Dass die übrigen 19 Anlagen noch gebaut werden, die geplant waren, ist angesichts des Sparkurses unwahrscheinlich.