Der Heldenkomplex des Nachbarschaftswächters

USA: FBI findet keinerlei Beweise für rassistische Motive im Fall des Neighbourhood-Watchers, der Anfang des Jahres einen schwarzen Besucher einer Gated-Community in Florida erschoss

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Der Fall des als Neighbourhood-Watch-Aufsicht agierenden George Zimmerman, der Ende Februar dieses Jahres bei einer körperlichen Auseinandersetzung mit dem Schwarzen Trayvon Martin den Mann erschoss, hat weit über die USA hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Das lag vor allem daran, dass er die Diskussion über Rassismus, insbesondere die Vorabverdächtigungen von Afro-Amerikanern, wenn es um Straftaten geht, neu entfachte. Zimmerman wurden rassistische Motive unterstellt, die letztlich zur Auseinandersetzung mit dem schwarzen Besucher der Gated Community in Florida geführt haben. Namhafte Persönlichkeiten, darunter auch US-Präsident Obama, und Organisationen schalteten sich in die Diskussion ein ( Wenn das Aussehen zum Verdacht reicht...). Der Fall bekam symbolischen Charakter, zumal Zimmerman zunächst von der Strafverfolgung unbehelligt blieb - er machte Notwehr geltend, die zuständige Polizei sah keinen Anlass, ihn festzunehmen.

Aufgrund des öffentlichen Aufsehens, das damit erweckt wurde, betraute die Staatsanwaltschaft in Florida einen Special Prosecutor mit dem Fall. Kurz nach ihrer Einsetzung stellte Angela Corey Anfang April eine Klage gegen Zimmerman wegen „second-degree murder“ aus ( Anklage im Fall Trayvon Martin), Zimmerman musste eine Kaution stellen, um einen Gefängnisaufenthalt zu vermeiden.

Jetzt präsentierte die Staatsanwaltschaft etwa 300 Seiten an Dokumenten - Interviews mit Fahndern, Zeugen, Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunden, Familien, durchgeführt von Strafverfolgern in Florida und dem FBI; Fotos, Audio-Dateien und einer E-Mail-Korrespondenz zwischen Polizei und Zimmerman. Aus diesen Unterlagen lässt sich, so berichten verschiedene amerikanische Medienberichte, der Schluss ziehen, dass rassistische Einstellungen keine Rolle bei der tödlich endenden Auseinandersetzung zwischen Zimmerman und Trayvon Martin gespielt haben. Dafür gebe es "keine Beweise", so das FBI.

"The FBI has since found no evidence that racial bias played a role in the killing, according to the records released this morning."

Doch habe Zimmerman Fehler in der Einschätzung der Situation gemacht, als er den Besucher der Gated Community als Verdächtigen ausgemacht und verfolgt habe - gegen den Rat des Polizisten, mit dem er zu dieser Zeit telefoniert hat. Das geht aus der Aussage des damals mit der Führung des Falles betrauten Ermittlers Christopher Serino hervor (auch der Vorsitzende der Neighborhood Watch for the National Sheriffs' Association kritisierte das Vorgehen Zimmermans).

Laut FBI-Gesprächsbericht soll Chefermittler Serino seine Überzeugung geäußert haben, dass die Handlungen Zimmermans, die dann zur Auseinandersetzung geführt haben, weniger von der Hautfarbe Trayvon Martins motiviert waren, sondern vielmehr von einem "kleinen Heldenkomplex". Serino habe Anhaltspunkte dafür gesehen, Zimmerman festzunehmen, der Polizeichef und der damals zuständige Staatsanwalt hätten sich aber dagegen entschieden.

Dass Zimmerman keinerlei erkennbare rassistische Vorurteile hegt, wird von Arbeitskollegen und Freunden belegt ("He socialized and played basketball with white, black and Hispanic men and 'never exhibited any biases or prejudices against anyone and did not use racial epithets of any kind.'").

Strittig ist nach wie vor Art und Weise der körperlichen Auseinandersetzung. Zimmerman behauptet, dass ihn Trayvon Martin mit einem Faustschlag auf die Nase niedergestreckt habe und anschließend über ihm sitzend seinen Kopf traktiert habe, so dass er Angst um sein Leben bekam und sich mit der Schusswaffe wehrte – wofür ihm das angesichts des anlässlich des Falles erneut kontrovers diskutierte "Stand your Ground"-Gesetz eine legale Grundlage liefert.

Neuere Zeugenaussagen sollen die Version Zimmermans unterstützen, doch gibt es auch andere Darstellungen von Zeugen. Laut Aussagen der Polizei waren nach dem Geschehen Wunden am Hinterkopf Zimmermans zu erkennen, ob seine Nase gebrochen war, darüber gibt es unterschiedliche Aussagen unter den Polizisten. Zimmerman soll auf der Fahrt ins Polizeirevier Schmerzenslaute von sich gegeben haben.

Die Staatsanwältin hält nach Medienberichten an ihrer Klage gegen Zimmerman fest.