"Keine Zeit" soll keine Ausrede mehr für Bewegungsmuffel sein

Auch mit kurzen, mäßig anstrengenden Fitnessübungen lässt die Kondition ebenso steigern wie durch stundenlanges Joggen

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Bewegung ist wichtig, um gesund zu bleiben. Aber das muss ausdauernd und regelmäßig geschehen, um Wirkung zu haben. Dafür ist viel Zeit notwendig, die nicht jeder aufwenden kann oder will. Es geht auch mit kurzen körperlichen Exerzitien, die dann aber heftig ausfallen müssen, sagt schon seit Jahren Martin Gibala von der kanadischen McMaster University. Er hat die HIT-Methode (high-intensity interval training) entwickelt, die auch den Gehetzten die Möglichkeit eröffnet, die sonst durch lange körperliche Betätigung gewonnene Fitness auch durch 10minütige Übungen an 3 Tagen in der Woche auf einem Fahrrad-Heimtrainer zu ersetzen. Dazu kommt noch einmal etwa dieselbe Zeit an Pausen. Und sollte dies zutreffen, dass 2 Stunden HIT in zwei Wochen 10 Stunden Fahrradfahren mit mittlerem Kraftaufwand entsprechen. Damit entfällt aber auch die Entschuldigung, man habe keine Zeit, oder wächst der Druck, aktiv zu werden.

Das Intervalltraining HIT wurde ursprünglich so konzipiert, dass sich 8-12 Einheiten von jeweils 60 Sekunden, in denen mit Höchstleistung in die Pedale getreten wird, mit jeweils kurzen Erholungspausen von 60-75 Sekunden abwechseln. Da eine zu hohe Belastung aber nicht für jedermann tauglich ist, ließen die kanadischen Wissenschaftler in ihrem neuesten Experiment sieben männliche Versuchspersonen über die Zeit von zwei Wochen sechs Mal das HIT-Training an einem nornalen Fahrrad-Heimtrainer praktizieren – allerdings nur mit einem mäßigen Krafteinsatz, der nicht bis an die Grenze ging. Die geringere Belastung würde HIT auch für ältere, weniger fitte oder dickere Menschen tauglich machen.

Wie sie im Journal of Physiology schreiben, verbesserte sich dadurch die Kondition auch durch den mäßigen Kraftaufwand beträchtlich für kurze oder längere Trainingseinheiten. Aufgrund von Muskelzellen-Proben vor und nach dem Experiment zeigte sich ein Anstieg der Citrat- und Proteinsynthese sowie der Aktivität des mitochondrialen Transkriptionsfaktor A (Tfam), was mehr Mitochondrien – die "Kraftwerke" der Zellen – entstehen lässt. Ebenso wie stundenlanges Joggen oder Fahrradfahren können so offenbar auch kurze und regelmäßige Trainingsphasen die Blutgefäße erweitern, die die Muskeln versorgen, und die Zahl der Mitochondrien erhöhen, was die Folge haben sollte, dass sich die körperliche Kondition verbessert und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes sinkt.

Wie HIT wirkt, so Gibala, ist noch nicht bekannt. Für ihn jedenfalls ist nun klar, dass Zeit keine Entschuldigung mehr sein kann, weil HIT zwar weiterhin anstrengend sei, aber nun praktisch für Alle mit einem normalen Fahrrad-Heimtrainer ausgeführt werden könne. Dann müssen jetzt nur noch die Krankenkassen ihren Mitgliedern Online-Heimtrainer zur Verfügung stellen und die Trainingseinheiten, bestätigt vielleicht durch die Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte, aus der Ferne ablesen. Wer regelmäßig übt, könnte einen Abschlag erhalten.