Börsen jubeln und Italien stürzt ab

Die Börsen feierten per Kursfeuerwerk die Gipfel-Beschlüsse, doch das Ziel, Italien Zinserleichterung zu verschaffen, wurde verfehlt

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Obwohl es an den Beschlüssen des EU-Gipfels nichts zu feiern gab, weil die Griechenland-Pleite nur verschoben wurde, ist an Europas Börsen am Donnerstag ein Kursfeuerwerk abgebrannt worden. Der französische Leitindex CAC schloss in Paris sogar mit 6,28% im Plus. Der deutsche Leitindex DAX ging in Frankfurt mit einem Anstieg von 5.35% aus dem Handel, der Madrider IBEX legte 4,96% zu. Der FTSE in London ging 2.89% nach oben und auch der Dow-Jones-Index in New York wurde von der Euphorie mit +2,86% mitgezogen.

Doch schon heute, wie bei ähnlichen Kursfeuerwerken, macht sich wieder Ernüchterung auf dem Parkett breit. In Madrid drehte der IBEX angesichts der neuen Horrorzahlen vom Arbeitsmarkt schon zeitweise ins Minus - und dann kam die Schreckensmeldung aus Italien. Ein zentrales Ziel des Gipfels muss schon heute als definitiv gescheitert betrachtet werden, denn man wollte den Zinsdruck von dem Land in der Dauerregierungskrise nehmen.

Im Fahrwasser der Beschlüsse wollte Italien heute günstiger Staatsanleihen versteigern. Doch anders als erwartet, musste das Land bei der Versteigerung seiner Anleihen mit einer zehnjährigen Laufzeit erneut Rekordzinsen zahlen. Für Anleihen in einer Höhe von 3 Milliarden Euro musste das Land eine Rendite von durchschnittlich 6,06% bieten. Das ist sogar noch höher als vor einem Monat, als es ohnehin schon hohe 5,86% waren. Man kann es nicht oft genug sagen, dass der Schuldenmeister Italien mit seiner Staatsverschuldung von fast 2 Billionen Euro derlei Zinsen nicht lange verkraften kann.

Griechenland, Irland und Portugal mussten auf dem Weg zur Marke von 7% unter den Rettungsschirm kriechen. Italien liegt bekanntlich bei der Staatsverschuldung direkt hinter Griechenland und verzeichnete Ende 2010 eine Verschuldung von fast 120% im Verhältnis zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das ist ein höherer Wert als Griechenland Ende 2008 auswies, als der Absturz mit steigenden Zinsen begann.

Vielleicht hat der Zinsanstieg auch mit der Drohung zu tun, dass Chaos-Berlusconi dem Land doch noch länger als Regierungschef erhalten bleiben soll. Der Geheimpakt, von dem berichtet wurde, hatte zunächst der Koalitionspartner Lega Nord dementiert. Demnach sollte die Lega Nord ihre Zustimmung zur Rentenreform mit vorgezogenen Neuwahlen im Frühjahr verbunden haben. Nun hat Don Silvio das heute ausgeschlossen. "Die Regierung in dieser Phase zu stürzen und einen Wahlkampf mit einem politischen Vakuum von mindestens sechs Monaten zu starten, wäre ein riesiger Schaden für Italien und die Italiener", hat Berlusconi in einem Interview mit einem Fernsehsender erklärt, der ihm gehört. Seine Regierung, die ständig Vertrauensfragen überstehen muss, sei stabil. Die Koalition mit der Lega Nord werde bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2013 halten.

Berlusconi bleibt also für Europa als schwere Hypothek bei der Euro-Rettung erhalten, obwohl schon spekuliert wurde, dass man ihn aus Brüssel stürzen wolle. Doch eines ist klar: Stürzt Italien ab, dann reicht auch der auf eine Billion Euro gehebelte Rettungsschirm nicht mehr aus und der Rettungszirkus kann wieder von vorne losgehen.