Überleben in der KRISE

Peak Oil, Klimawandel, Finanzkrise etc. - Wie kann man sich vor dem Schlimmsten retten?

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Innerhalb der nächsten zwei Jahre könnte der Ölpreis auf 150 bis 200 Dollar pro Fass steigen, prognostizierten gestern die Analysanten der Investmentbank Goldman Sachs unter der Leitung des bekannten Chef-Analysten Arjun N. Murti. Als Ursache notieren sie laut Nachrichtenagentur Bloomberg in ihrem Bericht hauptsächlich, dass der Nachschub an Öl mit der steigenden Nachfrage aus Ländern, die im Wachstum begriffen sind – etwa China - nicht mehr gedeckt werden könne.

Der Chef-Analyst jener Bank in München Harlaching, wo sich Eltern des"Villenvororts" unter anderem auch über neueste wirtschaftliche Entwicklungen austauschen, während sie ihren Kindern beim Spiel im Sandkasten und den Klettergeräten zuschauen, lächelt nur milde über solche Prognosen. Der Endvierziger, der nie ohne einschlägige Fachlektüre aus Wissenschaft und Finanzwelt anzutreffen war, ist schon weiter. Seit einiger Zeit liest und lobt er nur mehr „Walden" von Thoreau.

Nachsichtig lächelnden Eltern bringt Uwe auf Nachfrage gerne bei, dass die gegenwärtig auf uns zu rollende"Krise" schon längst nichts mehr mit jener Krise aus den 80ern zu tun haben, als der Monaco Franze bei Feinkost Dallmayr Walderdbeeren, Parmaschinken und Champagner erstand - fürs Picknick im englischen Garten mit hübschen Mitschülerinnen, während alle Welt um ihn herum von Krise redete, sparte und sich nicht einmal mehr "vollzutanken" traute. Nein, die anrollende Krise, so Uwe, schreibe man jetzt mit Großbuchstaben: PEAK OIL, KLIMAWANDEL, FINANZKRISE, HUNGERAUFSTÄNDE – und sei überhaupt nicht mit einem münchen-harlachinger Inselbewußtsein, einem komplett fehlgeschalteten "Münchener Gefühl", irgendwie charmant schönzufärben. Man müsse sich bezeiten, also jetzt, auf ein komplett neues, radikal verändertes Leben einstellen, um diese KRISE zu überleben.

Wie der Guardian Anfang der Woche berichtete, ist Uwe Teil einer größeren internationalen Bewegung. Sogenannte "Survivalists", ausgestattet mit einem geschärften Bewußtsein von der Möglichkeit eines nahenden totalen Zusammenbruchs von Wirtschaft und Gesellschaft, würden auf zahlreichen Seiten im Internet darüber diskutieren, wo man Zuflucht finden könnte und wie man sein Refugium am besten ausstatte, wenn es einmal soweit ist.

Zwar würden manche sogar nicht davor zurückscheuen, sich unter Umgehung der Gesetze mit Waffen auszustatten, die meisten aber begnügen sich nach Informationen der Guardian Journalistin Harriet Green mit milderen Formen des Überlebenskampfes: dem Anlegen von Nahrungsmittelvorräten, dem Anbau von Gemüse und Obst im eigenen Garten, wie es auch der bekannte britische Koch Jamie Oliver empfiehlt und der Energie- und Wasserselbstversorgung durch Solarenenergie- und Regenwasseranlagen. Was das Geld betreffe, würden sich Survivalists ebenfalls nach neuen Anlagen umsehen, bevorzugt seien Edelmetalle, so Harriet Green (Uwe rät bei Ersparnissen zu Strümpfen und Immobilien).

„Der sichere Hafen muss selbstgenügsam sein", das weiß auch Ex-Banker Barton M. Biggs, der im Guardian-Survivalist-Überblick ebenfalls als Warner vor dem totalen Zusammenbruch zitiert wird. Der frühere (bis 2003) "Chef-Global-Großstratege" von Morgan Stanley hat jetzt ein Buch in den USA herausgebracht:"Wealth War and Wisdom", das laut Bloomberg einen ungewöhnlichen Rat für Reiche bereithält:

„Versichern Sie sich gegen Krieg und Katastrophen, indem Sie einen abgelegenen Hof oder ein abgelegenes Gut kaufen und große Lager mit Samen, Dünger, Dosennahrung, Wein, Medizin, Kleider etc. anlegen".

Das"etc.", so mutmaßt Bloomberg, "muss Gewehre heißen".

Doch selbst, wenn „schon die Wölfe ums Haus herum streichen“, es gibt auch Survivalists, welche die Zeit nach Peak Oil weniger martialisch begreifen, wie etwa der Betreiber von Wolfatthedoor, der sein Ende der Welt gegenüber dem Guardian auf das nächste Jahrzehnt ansetzte:

„Ich werde dieses Jahr 50. Bisher ging es mir in meinem Leben sehr gut. Ich will die nächsten fünf bis zehn Jahre genießen.“

Uwe, so scheint es, hat eine Freundin unter den Alleinerziehenden in München-Haidhausen gefunden; möglich, dass er „Krise“ wieder klein schreibt. Ich werde bald zur Berater-Bank gehen, um es herauszufinden.