Honduras nach dem Putsch zwischen Normalität und politischen Morden

Putschregime setzt Ausgangssperre außer Kraft. Repression gegen Demokratiebewegung nimmt zu. Zwei Morde allein am Samstag.

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Der Dialog zwischen dem honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya und dem Oberhaupt der Putschregierung, Roberto Micheletti, soll offenbar in der kommenden Woche fortgeführt werden. Wie Costa Ricas Präsident Oscar Arias gegenüber lokalen Medienvertretern sagte, erwartet er beide Protagonisten der Staatskrise „in acht Tagen“ erneut in San José. Bei einer ersten Verhandlungsrunde am Freitag war es zu keinem Ergebnis gekommen. Entgegen der Erwartung trafen Zelaya und Micheletti nicht zusammen.

Aus dem mittelamerikanischen Land kommen indes widersprüchliche Meldungen. Am heutigen Montag hob die Putschregierung die seit fast zwei Wochen bestehende Ausgangssperre auf. Nach dem Staatsstreich hatten die Machthaber zunächst von neun Uhr abends bis sechs Uhr morgens und dann von 23 Uhr bis 4.30 Uhr ein Ausgehverbot verhängt. Nach Angaben des Polizeisprechers Hector Iván Mejía wurden in dieser Zeit 1270 Menschen festgenommen. Die venezolanische Nachrichtenagentur ABN berichtete von 159 Verhaftungen alleine in der Nacht von Samstag auf Sonntag.

Zugleich beklagen soziale Organisationen, die den Protest gegen die Putschisten aufrechterhalten, eine Zunahme der Gewalt. Lateinamerikanische Medien hatten in der vergangenen Woche schon über paramilitärische Gruppen berichtet, die im Norden von Honduras Akteure der Demokratiebewegung bedrohen. Am Wochenende nun wurden zwei bekannte Mitglieder der Opposition ermordet.

Am Samstagabend wurde in San Pedro Sula ein Politiker der linksgerichteten Oppositionspartei PUD, Roger Iván Bados, von einem Unbekannten erschossen. Nach Auskunft eines Parteifreundes näherte sich der Mörder dem Wohnhaus Bados´ und gab mehrere Schüsse auf ihn ab. Der 54-Jährige, der eine führende Rolle in dem Protestbündnis „Nationale Widerstandsfront gegen den Staatsstreich in Honduras“ einnahm, wurde von drei Kugeln tödlich getroffen. Am Nachmittag war zuvor der 40-jährige Ramón García erschossen worden. Nach einem Bericht der spanischen Nachrichtenagentur EFE wurde García im westlichen Verwaltungsbezirk Santa Bárbara von Unbekannten aus einem Bus gezerrt und mit mehreren Schüssen hingerichtet. García hatte in den Tagen zuvor Demonstrationen für die Rückkehr von Präsident Zelaya organisiert.

In den USA haben sich 75 Wissenschaftler und Lateinamerika-Experten in einem offenen Brief an Außenministerin Hillary Clinton gewandt. Die Unterzeichner fordern Clinton auf, vorgezogene Neuwahlen unter dem Putschregime zu verhindern. „Alles andere als die rasche Wiedereinsetzung von Präsident Manuel Zelaya in sein Staatsamt käme einer widerrechtlichen Machtaneignung gegen den Willen des honduranischen Volkes gleich“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem von dem emeritierten Harvard-Professor John Womack, dem Autor Saul Landau und den Zentralamerika-Experten Héctor Perla, Greg Grandin und Dana Frank unterzeichnet wurde.