Gemauschel in der iranischen Machtelite

Während ein Ajotallah härteste Strafen für die Opposition fordert, will der Wächterrat doch noch einmal nachzählen.

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Auch wenn die Ahmedinedschad-Clique derzeit Oberwasser zu haben scheint, spielen sich hinter der Bühne weiterhin Machtkämpfe ab. Öffentlichkeitswirksam konnte sich Ayatollah Ahmad Khatami im Freitagsgebet zu Wort melden und nicht nur den doppelten Maßstab der westlichen Regierungen und die Vereinten Nationen kritisieren, sondern auch die Todesstrafe oder zumindest die härteste Bestrafung für die Organisatoren der Proteste zu fordern, während er die Sicherheitskräfte und die Basidsch-Miliz lobte.

Das derzeit an den Machthebeln sitzende iranische Regime hat "Glück". Die Medienzensur greift besser, die Oppositionsbewegung ist erlahmt und hat berechtigte Angst, Mussawi und Co., allesamt Angehörige der Machtelite, kungeln mit dem Ahmadinedschad-Lager und jetzt ist auch noch Michael Jackson, der King of Pop, gestorben und frisst die Aufmerksamkeit. Die Oppositionsbewegung hat es wohl nicht geschafft, genügend Menschen über hinreichend lange Zeit mobilisieren zu können. Jetzt versackt die Aufmerksamkeit, die grüne Twitter-, Youtube- und Facebook-Revolution findet nicht statt. Mussawi hat erklärt, dass er nur noch zu Protesten aufrufen wird, wenn diese genehmigt wurden.

Der Wächterrat schwankt noch zwischen der Versicherung, dass bei den Wahlen alles korrekt verlaufen sei, und dem Zugeständnis, die Wahl zu überprüfen, hin und her. Nun soll eine "Sonderkommission" eingesetzt werden, um die Wahl zu überprüfen, indem doch wieder 10 Prozent der Wahlstimmen zufällig ausgewählt werden sollen. Man will Zeit gewinnen, um zu einem für alle Seiten verträglichen Ergebnis zu kommen.

Allerdings versteigt sich die Ahmadinedschad-Clique auch zu absurden Behauptungen. So will man suggerieren, dass Neda, die mittlerweile zur Gallionsfigur für die Oppositionsbewegung wurde, irgendwie durch Einwirkung der CIA erschossen worden sein soll. Es sei doch seltsam, so zitieren staatliche Medien den iranischen Botschafter in Mexiko, dass sie mit einer nicht im Iran verwendeten Kugel erschossen wurde, dazu noch von hinten, in Anwesenheit von mehreren Kameras und an einem Ort, wo kein großer Protest stattgefunden hat. Es müsse nicht die CIA gewesen sein, räumt er ein, aber es sei doch alles sehr verdächtig.

Wie der Guardian berichtet, sollen festgenommene Teilnehmer der Proteste gefoltert worden sein, um Fernsehgeständnisse zu erwirken, wonach die Proteste ein Komplott seien, das vom Ausland inszeniert wurde. Mussawi und Karubi sollen so ausgeschaltet werden. Nach Amnesty sollen die Berichte von vertrauenswürdigen Quellen kommen. Die Opposition soll nun grüne Luftballons als Protest in die Luft steigen lassen. Das Rufen von den Dächern scheint auch gefährlich geworden zu sein, nachdem ein Mann deswegen erschossen worden sein soll.