Kurze britische "nukleare Renaissance"

Den deutschen Energiekonzernen RWE und E.ON werden die geplante Investitionen in neue AKWs zu riskant, sie setzen nun in Großbritannien auf Erneuerbare Energien

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Noch unter Labour hatte Großbritannien auf die nukleare Renaissance gesetzt. Obgleich die britischen Liberaldemokraten, die sich in vielem von den deutschen Liberalen unterscheiden, gegen den Ausbau der Atomenergie waren, akzeptierten sie im Koalitionsprogramm die Fortführung der nuklearen Träume. Im Oktober 2010 wurden die Standorte genehmigt.

Für das große Geschäft, das mit acht neuen AKWs kommen sollte machten sich natürlich französische, damals aber auch noch die deutschen Energiekonzerne RWE und E.ON stark. Es war auch noch vor der deutschen Energiewende, sondern man stand vor der Verlängerung der Laufzeeiten. Die Bedingungen klangen lukrativ, zwar sollten zwar die Betreiber für die (End)Lagerung des Atommülls aufkommen, aber der Staat schloss nicht aus, dennoch im Bedarfsfall einzuspringen. Und falls ein Unfall eintritt, müssen die AKW-Betreiber nur für 140 Millionen Pfund haften, den Rest übernimmt der Staat. Das ist, wie man wieder in Fukushima sehen kann, eine lächerliche Summe.

Nun haben sich die beiden deutschen Konzerne aus dem Joint Venture Horizon Nuclear Power zurückgezogen und suchen einen Käufer. Die Kosten seien zu groß geworden, so habe eine Überprüfung der angespannten Kapitalsituation ergeben. Ursache sei neben den steigenden Kosten für Horizon die globale Wirtschaftskrise, aber auch die Energiewende in Deutschland, die RWE zu neuen Maßnahmen und veränderten Investitionen geführt habe.

Man konzentriere sich in Großbritannien, so E.ON, nun lieber auf kurzfristiger profitable Geschäfte, nämlich dem Ausbau der Enerneuerbaren Energien (Windkraft, Biomasse), von Gaskraftwerken, der Energieeffizienz (Smart Meters) und der Verteilten Energie. Auch RWE setze in Großbritannien künftig auf Erneuerbare Energien.

Etwas scheinheilig wird erklärt, dass Horizon für das richtige Unternehmen ein attraktives Projekt bleibe: "aber gegenwärtig nicht für uns". Ob der französische Konzern EDF Horizon übernehmen wird, ist sehr fraglich. Schließlich gerät dem Rückzug der deutschen Konzerne aus dem 15 Milliarden Pfund schweren Investitionsprojekt in neue AKWs die gesamte Renaissance der nuklearen Energie ins Schwanken. Für die eigenen Bauvorhaben dringt nun Areva auf verstärkte staatliche Unterstützung bei der britischen Regierung, die gerade aber erneut bescheinigt bekommen hat, dass sie das Land nicht aus der Rezession hat holen können.

Der britische Energieminister Charles Hendry will die "enttäuschende" Entscheidung aber nicht auf Großbritannien beziehen. Die deutschen Energiekonzerne hätten ja auch deutlich gesagt, dass sie auf einen Druck anderen Orts beruhe und dass es keine Zweifel an der Rolle der Atomenergie für die britische Energiezukunft gebe. Es gebe weiterhin "beträchtliche Interessen", beispielsweise von EDF. Dass die Entscheidung aber auch mit der Situation in Großbritannien und allgemein mit der Atomenergie zu tun hat, hatte E.ON-Vorstand Klaus-Dieter Maubach kürzlich erklärt. Risiken gingen von den unsicheren politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und drastisch steigenden Kosten und Verzögerungen bei AKW-Neubauten in Frankreich und Finnland aus.