Hartz-IV-Empfänger: Münzsammlung muss verwertet werden

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts ist der Verkauf einer Münzsammlung keine besondere Härte für Arbeitslose, die staatliche Hilfe wollen

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Als er arbeitslos wurde, gab der Bauingenieur seine Münzsammlung mit dem von ihm geschätzten Anschaffungswert von 27.000 Euro als Vermögen an (ein später vom Jobcenter geordertes Gutachten kam auf 21.400 Euro). Der Mann hatte sich die Sammlung aus über 200 Münzen über mehrere Jahre hinweg zugelegt. Das Job-Center sah dadurch die Hilfsbedürftigkeit des Mannes als nicht erwiesen an und gewährte ihm die halbjährliche Zahlung des Arbeitslosengeldes II lediglich als Darlehen.

Der Bauingenieur klagte jedoch darauf, dass ihm die Hartz-IV-Leistungen als Zuschuss gewährt werden. Der Verkauf der Sammlung sei unwirtschaftlich, angesichts eines anzunehmenden Wertverlustes von 35 bis 40 Prozent bei Verkauf der Sammlung.

Der Fall kam nun vor das Bundessozialgericht in Kassel. Der Senat entschied gegen den Kläger: "Seine Münzsammlung ist als verwertbarer Vermögensgegenstand anzurechnen." Der Grundsicherungsträger, das Jobcenter, war nach Ansicht der Richter im Recht, als er es ablehnte, die vom Kläger "begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes" als Zuschuss zu gewähren. Das Gericht wollte in der "Verwertbarkeit" der Münzsammlung weder eine "offensichtliche Unwirtschaftlichkeit" noch eine "besondere Härte" erkennen.

Der Anwalt des Münzsammlers hatte nach Medienangaben geltend gemacht, dass eine solche Sammlung nicht als Geldanlage zusammengekauft wird, sondern aus "reiner Liebhaberei". Er argumentierte zudem damit, dass die Art der Anlage vergleichbar sei mit Immobilien - ein Hartz-IV-Empfänger ist nicht dazu verpflichtet, eine eigene angemessene Wohnung zu verkaufen, wenn dies nur mit einem "erheblichen Wertverlust" möglich ist. Ähnlich im Fall einer Lebensversicherung - auch hier gilt: Droht ein bedeutender Wertverlust, etwa wenn der Erlös noch unter dem Wert der Einzahlungen liegt, so ist dies dem Hartz-IV-Empfänger nicht zuzumuten.

Diesen Parallelen wollte das Gericht in Kassel jedoch nicht folgen:

"Das Vorliegen von offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit kann bei einer Münzsammlung nicht nach denselben Kriterien beurteilt werden, die in der Rechtsprechung für die Verwertung einer Kapitallebensversicherung entwickelt worden sind, denn es ist nach der Art der Ver­mögensgegenstände zu differenzieren. Eine feste Grenze der Unwirtschaftlichkeit kann bei frei handelbaren Gegenständen, die den Gesetzen des Marktes mit schwankenden Preisen unterliegen, nicht gezogen werden. Der Gesetzgeber des SGB II verfolgte im Übrigen nicht das Ziel, jede vor Eintritt der Bedürftigkeit vorhandene Vermögensposition zu schützen, sondern nur einen wirtschaftlichen Ausverkauf zu verhindern."