Rote Karte für Alvaro Uribe

Das Verfassungsgericht lässt nicht zu, dass sich Kolumbiens Staatschef erneut zur Wahl stellen kann

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Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe hätte sich gerne im Amt verewigt. Um eine dritte Amtszeit zu ermöglichen, wollte er die Verfassung zum zweiten Mal ändern lassen. Doch seinem Ansinnen schoben nun die Verfassungsrichter einen Riegel vor. Sieben von neun Richtern votierten gegen seine Pläne, den Vorgang durch ein Referendum absegnen zu lassen und sprachen von "substanziellen Verletzungen demokratischer Prinzipien". Bei den Präsidentschaftswahlen am 30. Mai kann er nun nicht mehr antreten.

Die Richter listeten in einem Akt der Souveränität 20 Gesetzesverstöße auf. Das begann bei der üppigen Finanzierung der Unterschriftensammlung, in der sich fünf Millionen Kolumbianer eine Wiederwahl und die erneute Verfassungsänderung zu Gunsten Uribes ausgesprochen hatten. Verfassungswidrig war auch, wie der Gesetzesentwurf für das Referendum durch das Parlament gebracht wurde. Das ist ohnehin nicht neu. Die Verfassungsänderung 2005, mit der Uribe seine Wiederwahl ermöglichte, war ebenfalls faul. Die entscheidenden Stimmen seien gekauft worden, gestand 2008 die Abgeordnete Yidis Medina. Sie kennt sich aus. Sie war an dem Vorgang beteiligt und wurde dafür verurteilt. Befördert haben dürfte dieses Urteil auch, weil im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass der kolumbianische Geheimdienst sogar mehrere Verfassungsrichter abhörte.

Jetzt ist zumindest ein Neuanfang in Kolumbien möglich, nachdem der 57-jährige Autokrat nicht weiter als Präsident Kolumbien "bis zu seinem Tod dienen" kann. Er muss sich jetzt einen neuen "Schützengraben" suchen, wie sich der Hardliner gerne militärisch ausdrückt. Die Linke und liberale Kräfte in Kolumbien sind erfreut über das Urteil. Rafael Pardo, der Kandidat der Liberalen Partei, sieht die "Demokratie und die Verfassung gerettet". Gustavo Petro vom "Demokratisch-Alternativen Pol" meinte: "Der glücklichste Mann in Kolumbien ist heute Juan Manuel Santos", denn es wird erwartet, dass nun wohl Uribes langjähriger Verteidigungsminister für das konservative Lager antreten wird. Er warnt davor, dass das Land wegen der sozialen Kluft auseinander brechen kann, wenn keine wirksame Sicherheit mit sozialer Gerechtigkeit gesichert werde.

Mit der roten Karte für Uribe werden zumindest eine Neubestimmung der Politik und eine Entspannung zu den Nachbarn möglich. Schließlich hatte der mit dem Angriff auf Ecuador und seinen dauernden unbewiesenen Beschuldigungen die Region immer wieder an den Rand eines Krieges gebracht. Das geheim geschlossene Abkommen mit den USA über die Nutzung von sieben Stützpunkten durch US-Militärs hat nicht nur zu einem Aufschrei in Südamerika geführt, sondern auch zu einem Wettrüsten.

Die Verbindungen seiner Freunde und seiner Familie zu den rechtsradikalen Paramilitärs waren genauso offenkundig. So kommt Uribe auch durch die erneute Verhaftung seines Cousins Mario Uribe unter Druck. Der enge Vertraute des Präsidenten hatte schon 2008 versucht, sich seiner Verhaftung durch Flucht in die Botschaft Costa Ricas zu entziehen. Das gelang nicht. Der frühere Senatspräsident und Ex-Chef von Uribes Partei unterhalte enge Kontakte zu den Mördergruppen und habe sich 1998 vor dem Wahlsieg seines Cousins mit den Chefs der Todesschwadrone getroffen, wird ihm vorgeworfen. Die erneute Verhaftung basiert nun auf Aussagen des Ex-Paramilitärs Jairo Castillo Peralta (Pitirri), der die engen Kontakte von Mario zu den Paras bestätigte.