Versteckte Bohlensteuer

Mit einem neuen Pauschalabgabenrechner können Verbraucher und Unternehmen herausfinden, wie viel Geld sie seit 2008 alleine für Geräte und Speichermedien an GEMA und Konsorten zahlten

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Die ZPÜ ist die "Zentralstelle für private Überspielungsrechte". Begibt man sich auf die Suche nach dem, was organisatorisch hinter diesem Kürzel steckt, wird man stets an die GEMA verwiesen. Diese Musikverwertungsgesellschaft kassiert auch einen sehr großen Teil der Abgaben, die es seit 1965 auf immer mehr Produkte des täglichen Lebens gibt. Da diese Abgaben – anders als die Mehrwertsteuer – nicht gesondert ausgewiesen werden, wissen die meisten Verbraucher gar nicht, wie viel "Bohlensteuer" sie zahlen.

Um das zu ändern, hat Bytefiction einen Pauschalabgabenrechner online gestellt, in den Verbraucher und Unternehmen eingeben können, wie viele DVD-Rekorder, HDD-TV-Geräte, MP3-Player, Rohlinge, PCs, Brenner, USB-Sticks, Speicherkarten, Festplatten, Telefone und andere Produkte sie seit 2008 kauften. Anschließend sagt ihnen der Rechner, wie viel Geld sie dafür (ohne es zu wissen) an die Verwertungsgesellschaften abführten.

Hat sich ein Verbraucher in den letzten vier Jahren beispielsweise einen Desktop-PC mit Brenner, einen Laptop, eine TV-Set-Top-Box, drei externe Festplatten für Backups und ein Smartphone angeschafft, dann zahlte er dafür 107 Euro und 14 Cent, die nun an Dieter Bohlen, Charlotte Roche und andere "Künstler" ausgeschüttet werden – egal, ob der Verbraucher deren Werke auf diesen Geräten kopiert hat oder nicht. Das ließe sich nämlich nur über eine Totalüberwachung herausfinden, die schwerlich mit dem Grundgesetz vereinbar sein dürfte.

Eine Konsequenz daraus, dass sich aus Datenschutzgründen nicht das Medienkonsumverhalten aller Bundesbürger ermitteln und speichern lässt, wäre die gleiche Verteilung der Leermedien- und Geräteabgaben an alle Kulturschaffenden – beispielsweise über die Künstlersozialkasse, die den Arbeitgeberanteil an der Kranken- und Rentenversicherung übernimmt. Diese Lösung würde neueren Erkenntnissen der Motivationspsychologie nach auch den größten Anreiz zur Erzeugung neuer Kulturwerke schaffen. Die Verwertungsgesellschaften, die die Abgaben aktuell kassieren dürfen, gehen den exakt entgegengesetzten Weg: Vor allem bei der GEMA entscheiden im Grunde nur die fünf Prozent der am besten verdienenden Mitglieder, wer was bekommt. Die konkrete Verteilung der Gelder sieht dann ziemlich genau so aus, wie man sich das vorstellt.