Hundert Prozent bis 2050

Das Sondergutachten des Umweltrats beschreibt einen kostengünstigen Weg in den Ausbau der erneuerbaren Energieträger

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Der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der seit über drei Jahrzehnten die Bundesregierung berät, hat anlässlich der Veröffentlichung seines Sondergutachtens "Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung" darauf hingewiesen, dass nur die vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energieträgern nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, und dass der weg dorthin ohne neue Kohlekraftwerke und ohne Verlängerung der AKW-Laufzeiten möglich ist (siehe auch: Experten der Bundesregierung stellen Energiekonzept in Frage).

Der Sachverständigenrat hat verschiedene Szenarien durchrechnen lassen und kommt zu dem Ergebnis, die kostengünstigste Variante herauskommt, wenn die Windenergie das Gros der Stromversorgung übernimmt und zugleich ein Verbund mit Norwegen und Dänemark aufgebaut wird, um die großen Wasserreservoirs in Norwegen als Speicher für die unbeständige Windenergie zu nutzen. Wenn zugleich moderat Strom gespart würde, ließe sich der Strompreis – Netzkosten eingeschlossen – unter sieben Cent pro Kilowattstunde an Gestehungskosten drücken. Dabei wurde von einem eher konservativen Rückgang des Bedarfs auf 500 Milliarden Kilowattstunden (Terawattstunden, TWh) ausgegangen. Derzeit beträgt der deutsche Nettoverbrauch rund 560 TWh, die Bundesregierung geht in ihrem Energiekonzept davon aus, den jährlichen Verbrauch bis 2050 auf 400 TWh drücken zu können, will sich dann jedoch weitgehend auf Solarstromimporte aus dem Süden verlassen.

Für den Übergang zur regenerativen Vollversorgung reiche der bestehende Kraftwerkspark selbst dann aus, wenn nur eine Laufzeit von 35 Jahren angesetzt und am derzeitigen Ausbau der Erneuerbaren festgehalten werde. Es bedürfe lediglich eines geringen Zubaus von Gaskraftwerken. CO2-Abscheidung sei als Brückentechnologie nicht notwendig, Verlängerung von AKW-Laufzeiten auch nicht.

Ausdrücklich heißt es hierzu in den Handlungsempfehlungen des Gutachtens:

Der Neubau von Kraftwerken, die aus technisch-ökonomischen Gründen nicht die Anforderungen einer sehr flexiblen Erzeugung erfüllen und nicht mit den langfristigen Klimaschutzzielen vereinbar sind, sollte unterlassen werden. Auch die beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist nicht mit den Flexibilitätserfordernissen eines Übergangs zu den erneuerbaren Energien vereinbar.

Ansonsten wird unter anderem die Fortentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes der Ausbau der Netze und die Nutzung der bestehenden Kraftwerke für das Lastmanagement gefordert, das für die bessere Integration der Erneuerbaren notwendig ist. Während der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft in einer Stellungnahme erneut die Einschränkung von Widerspruchsmöglichkeiten der betroffenen Bürger gegen Netzleitungsausbau forderte, verfolgt der Umweltrat einen anderen Ansatz: Der Ausbau müsse zwar beschleunigt, aber auch "beteilgungsfreundlicher" gestaltet werden.

Erst kürzlich hatte eine umfangreiche [http://www.forum-netzintegration.de/detailansicht-netzintegration/?tx_ttnews[tt_news]=36&tx_ttnews[backPid]=35&cHash=1e0aa2702c Handlungsempfehlung] von Umweltverbänden, Energieversorgern, Naturschützern und Bürgerinitiativen aus den potenziell betroffenen Regionen deutlich gemacht, dass der Ausbau an Akzeptanz gewinnen würde, wenn die Betroffenen nicht befürchten müssten, dass er auch neuen Kohlekraftwerken und längeren AKW-Laufzeiten dient.