Neuer Rechtskurs?

CSU-Chef Seehofer manövriert mit der Angst vor einer Partei rechts der CSU

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Die CSU ist längst nicht mehr, was sie jahrzehntelang in Bayern war. Ihre einst unangreifbare, selbstverständliche Machtposition ist weg. Der bewährte Partei-Kompass, der die Ausrichtung ihrer Wähler ermittelte, funktioniert nicht mehr, er ist veraltet. Das zeigten die letzten Landtagswahlen und das führte auch das Theater vor, welches die CSU im Zusammenhang mit dem Nichtrauchergesetz bot, als man nicht wusste, welchen Knochen man dem Wählervolk hinwerfen sollte. Kein Wunder also, dass immer wieder die Forderung auftaucht, man müsse sich auf das konservative Profil besinnen und es wieder schärfen.

Die Diskussionen dazu werden aber immer von anderen lanciert. Zum Beispiel die Einwandererdebatte. In vielen Themen ist man hinterher, etwa bei der Kinderbetreuung, bei umstrittenen Themen, z.B. die Anwendung von Gentechnik, hat man sich die Taktik zurechtgelegt, dass einer in der Partei laut dafür ist und einer laut dagegen, so versucht man flüchtende Mehrheiten zu halten.

Da auch die CDU in eine Identitätskrise gerutscht ist (vgl. Konservative sehen Merkel auf falschem Kurs) und ihr ein handfester Begriff für den Konservatismus, der ihr Profil auszeichnen soll, offensichtlich fehlt, versucht die CSU in diesem Feld neu zu punkten. Wenn nötig auch gegen Merkel.

So nimmt Seehofer derzeit das Thema auf, das Erika Steinbach am Samstag beim "Tag der Heimat" des Bundes der Vertriebenen (BdV) angesprochen hatte: die Chancen einer neuen konservativen Partei mit charismatischer Führungsfigur (siehe dazu: Deutscher Stolz oder rechte Ideologie?).

Zwar betont Seehofer dem "Kölner Stadt-Anzeiger" gegenüber, dass er „die Gefahr nicht akut" sehe, freilich mit einem Aber:

"Aber man muss als Partei immer darauf bedacht sein, dass man sein Wählerklientel erhält."

Am Samstag hatte er noch erklärt, dass rechts von der CSU keine Partei entsehen wird. „Wir haben sie in der Nachkriegsgeschichte verhindert und werden sie auch weiterhin verhindern.“ Es sieht ganz so aus, als ob Seehofer nun mit der Angst vor einer Partei rechts von der Union weiter nach rechts manövrieren will. Dazu passt, dass der Nachrichtensender Bayern 5 heute morgen Parteikollegen zitierte, die sich auch eine Trennung der CSU von der Schwesterpartei vorstellen können. Ein unwahrscheinlicher Zug - die nächste Turner-Übung der Partei, um verlorene Wählergunst zurückzuholen.

Aber diese haben vielleicht die Skandale um die Landesbank und die Hypo Real Estate doch nicht so sehr vergessen, wie sich das CSU-Partei-Granden wünschen, die mindestens bis zur Hüfte in beiden schmutzigen Geschichten stecken.