Israel lockert die Gaza-Blockade..

und Entwicklungsminister Niebel rudert zurück

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Stimmen die Informationen der Jerusalem Post so hatte sich Außenminister Guido Westerwelle persönlich beim israelischen Außenministerium dafür eingesetzt, eine Erlaubnis für die Einreise des Entwicklungsministers Niebel nach Gaza zu bekommen. Vergeblich. Während der Parteifreund Dirk Niebel gestern mit großer Empörung und deutlicher Kritik an der israelischen Regierung auf die Zutrittsverweigerung reagierte (siehe Gaza: Auch Niebel darf nicht rein), bewahrte Guido Westerwelle diplomatische Form und sprach lediglich sein Bedauern über die Entscheidung aus, die den deutschen Ministern Grenzen ihres Einflusses deutlich vorhielt.

Es war dann auch nicht Außenminister Liebermann oder gar Netanjahu, sondern ein Sprecher des israelischen Außenamtes, Yigal Palmor, der das zugrunde liegende Prinzip der Entscheidung später noch einmal öffentlich erklärte:

"Hochrangige Politikern dürfen nicht nach Gaza, weil die Hamas solche Besuche manipuliert, um daraus Legitimation für sich zu gewinnen."

Das hätte Niebel wissen müssen, die Haltung Israels sei dem Politiker bekannt gewesen, die Zuspitzung durch Niebel "sehr ungeschickt" kritisierte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer. Während deutsche Politiker aus allen Parteien Verständnis gestern für Niebel bekundeten und Unverständnis für die "Gaza-Politik Israels" äußerten, hielt ihm Kramer mangelnde Einsicht vor. Dass Niebel die Blockade als Beleg "unausgesprochener Angst" werte, sei "kindisch und zynisch" und wies in diesem Zusammenhang auf die Raketenangriffe aus dem Gaza-Streifen hin.

Niebel selbst relativierte die Vorwürfe der Naivität, soweit sie den Wunsch zur Einreise betrafen. Er berief sich am Sonntagabend darauf, dass er eine Erlaubnis zur Einreise hatte: Das israelischen Verteidigungsministeriums habe ihm zunächst die Erlaubnis für den Besuch in Gaza erteilt. Das Außenministerium habe jedoch später abgelehnt.

Im Laufe des gestrigen Tages relativierte Niebel schließlich auch die Vorwürfe "mangelnder Transparenz", die er zuvor gemacht hatte. Gelegenheit dazu gab ihm die israelische Regierung mit ihrem Beschluss die Blockade des Gazastreifens weiter zu lockern - der Druck aus den USA dürfte dafür ausschlagegebend gewesen sein. Niebel nannte die zusätzlichen Lockerungen einen "Schritt in die richtige Richtung", die Ankündigung genauer Listen für Waren, die hineindürfen, ein "Signal für Klarheit".

Dabei zeigt sich auch bei diesen Lockerungen, was zuvor schon klar war, die Politik der israelischen Regierung gegenüber Gaza orientiert sich am Prinzip, alles zu vermeiden, was der Hamas irgendwie nutzen könnte, und ihr, wo es geht, vorzuführen, dass sie als politischer Partner nicht existiert:

"Baumaterialien für zivile Zwecke dürfen künftig ebenfalls eingeführt werden. Sie sollten Projekten dienen, die von der Palästinenserführung von Mahmud Abbas gebilligt wurden, und internationaler Kontrolle unterstehen."

Hamas-Vertreter, wie Mahmoud Zahar, der - als ob ihn ein Drehbuchschreiber zu rechten Zeit ins gestrige Skript geschrieben hätte -, den Beschuss Israels mit Raketen auch von der Westbank aus fordert, liefern dafür die Begründung. Der "Widerstands-Appell" von Zahar stand gestern abend auf Ha'aretz-Online über der Nachricht über Niebels Vorwurf, Israel habe einen "großen außenpolitischen Fehler" gemacht.