Hacker bringen per E-Mail Atomkraftwerk zur Explosion

Die wundersame Welt des Polizeigewerkschaftlers Rainer Wendt

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Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt gilt neben Ansgar Heveling und Hans-Peter Uhl als eines der ganz großen Talente in Sachen Internet. Auf dem Europäischen Polizeikongress zur Cyber-Kriminalität forderte der Stratege Tausende neue Internetspezialisten für die Polizei und warnte einsichtig: „Der nächste 11.-September-Anschlag kommt per E-Mail. Deshalb brauchen wir schnellstens mindestens 2000 Cyber-Cops.“ Bis die dringend benötigten Cyber-Cops endlich eingestellt sind, rät der Heise-Verlag aus Sicherheitsgründen dringend davon ab, E-Mails zu öffnen, da sich in solchen Terroristen zu verstecken pflegen. Vorsicht sollte man auch bei Tweets und Blogposts vor allem aus dem arabischen Raum walten lassen. Da derzeit ein Mangel an entsprechend qualifizierten Cyber-Cops vorherrscht, wäre den Behörden anzuraten, vorläufig auf erfahrene Wikipedia-Admins zurückzugreifen.

Doch nicht nur Privatleute sind von Terrorismus bedroht. So ließ Wendt die Neue Osnabrücker Zeitung wissen: „Dass Hacker-Terroristen ein AKW zur Explosion bringen, die Stromversorgung unserer Städte kappen oder Klärwerke stoppen, um die Bevölkerung zu vergiften, sind reale Bedrohungsszenarien.“ Die Sabotage von Klärwerken könnte also die ganz große Sch***** zur Folge haben – Brunnenvergifter, vor denen uns vermutlich nur Fachkräfte wie John McClane effektiv schützen können.

Die Wendtschen Verschwörungstheorien, Ausfälle und Einfälle gelten unter Kennern als mit die besten. Im Zuge der Hysterie um Google Streetview glaubte Wendt an eine virtuelle Streifenfahrt, offenbar ohne zu verstehen, dass die Abbildungen bei Google statisch sind, das Kamera-Auto nur einmal und dann nie wieder vorbeifährt. Vor zwei Jahren hatte Wendt den damaligen Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse zum Rücktritt aufgefordert, weil Thierse das Vorgehen der Polizei gegen linke und rechte Demonstranten bei einer Nazi-Demo kritisiert hatte, und dabei einer eher das rechte Spektrum bedienenden Zeitung ein Interview gegeben. Wendt fordert auch die Ausstattung der Polizei mit Gummigeschossen – im Gegensatz zur Gewerkschaft der Polizei, die darauf hinweist, dass allein im Nordirland-Konflikt durch derartige Munition 17 Menschen umkamen, darunter Unbeteiligte. Fragwürdig ist auch Wendts Eintreten für Racial Profiling, etwa das Bewerten der Hautfarbe als Indiz für kriminelle Neigung.

Doch gestern wagte sich mit Wendts Duisburger PolG-Kollege ein neues Talent hervor. So forderte der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der DPolG, Erich Rettinghaus, auf SPIEGEL ONLINE die Vorratsdatenspeicherung, weil er sich hiervon Erkenntnisse über den Rockerkrieg zwischen den Hells Angels und einer niederländischen Konkurrenzvereinigung verspricht. Früher hatten Duisburger Kriminalisten das Millieu auch auf konventionelle Weise im Griff.