Von Störchen und Schuleschwänzern

Außer Kontrolle

Alle Kriminellen haben einmal die Schule geschwänzt - Grund genug um im Zuge des Jugendschutzes auch schon einmal zu fordern, dass Kaufhäuser die Konsolen während der Schulzeit ausschalten.

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Der alte Witz über die Störche und darüber, dass sich beweisen lässt, dass der Storch die Kinder bringt, fällt einem automatisch ein, wenn man diverse Meldungen zum Jugendschutz hört. Weniger Störche, weniger Geburten = der Storch bringt Kinder. So einfach ist es vielfach, wenn es um komplexe Probleme geht.

Und so warnt der parteilose Hamburger Innensenator Udo Nagel vor den Folgen des Schuleschwänzens und bringt dabei elegant einmal öfter eine Storchargumentation: "Nicht jeder Schulschwänzer wird kriminell, aber alle Kriminelle haben irgendwann mal die Schule geschwänzt" so Nagel. Vermutlich sind auch alle Kriminellen irgendwann, und sei es nur bei der Geburt, mit Frauen in Kontakt gekommen, haben Wasser getrunken oder Brot gegessen etc. Ähnlich absurd wie der Zusammenhang zwischen Schuleschwänzen und kriminellem Dasein sind denn auch die Vorschläge, wie man dieser Entwicklung gegensteuern kann.

Die 22 Vorschläge enthalten z.B. die Überlegung, dass Kaufhäuser während der Schulzeiten Spielkonsolen abschalten, damit Jugendliche und Kinder nicht ermutigt werden, die Schule zu schwänzen um in der entsprechenden Zeit die Kaufhäuser aufzusuchen und sich dort an den "Daddelmaschinen" zu versuchen.

Berlins Innensenator Körting fordert denn auch, dem Trend der Zeit folgend, sofort ein neues Register - als seien Datenbanken, -verknüpfungen und -sammlungen das Universalrezept gegen all das, wogegen man meint, schnell durchgreifen zu müssen.

Insbesondere die Idee, dass Kaufhäuser ihr Angebot, das sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermassen richtet, einschränken oder zeitlich begrenzen müssen, um einen vermeintlichen Grund für das Schuleschwänzen einzudämmen, zeigt, welch absurde Blüten der Jugendschutz spriessen lässt. Dass immer mehr Angebote, selbst wenn sie sich an Erwachsene richten, so geändert werden sollen, dass sie dem Jugendschutz entsprechen, ist ein Trend, der in nächster Zeit sicherlich noch zunehmen wird.

Da wünsche ich mir manchmal so deutliche Worte wie sie Noel Fielding von "The Mighty Boosh" (TMB) auf der Bühne dazu fand. Als "The Hitcher" stellte er einen obszön fluchenden, breites Cockney sprechenden "Geezer" dar, absurd wie eigentlich alle Figuren, die Fielding in "TMB" verkörpert. Vor einem Liveauftritt sprach ihn der Vater eines besorgten Kindes an und fragte ob es Fielding möglich sei, weniger zu fluchen während des Auftritts. Fielding fühlte sich (logischerweise) überfordert, beinhaltete sein Auftritt doch eine recht rüde Passage über das sogenannte "Stump Fucking". Seine Reaktion auf diese Bitte war typisch: sie wurde prompt in den Auftritt eingebaut. Falls kleine Kinder anwesend wären, so Fielding, möchten diese doch bitte darauf achten, dass sie "Stump Fucking" am nächsten Tag auf dem Spielplatz richtig zu buchstabieren wissen.In Deutschland, so steht fast zu befürchten, wenn man sich den Aktionismus in Bezug auf den Jugendschutz ansieht, würde wohl eher das Programm geändert werden.