Spanischer Ex-Chefbanker muss gesiebte Luft atmen

Miguel Blesa kann sich nicht erneut über eine Millionen-Kaution der Untersuchungshaft entziehen

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Den fast 100 Bank-Chefs, gegen die in Spanien Ermittlungen laufen, bekommen Angst. Dann am späten Mittwoch wurde mit dem Ex-Chef der Caja Madrid der erste Banker seit 20 Jahren in Untersuchungshaft genommen. Miguel Blesa führte bis 2009 eines der bedeutendsten Kreditinstitute im Land. Es ging 2010 in der Bankia-Bank auf, die 2012 mit Milliarden aus dem Europäischen Rettungsschirm aufgefangen werden musste. Noch im Mai konnte Blesa das Gefängnis nach nur einer Nacht verlassen, weil er 2,5 Millionen Euro als Kaution hinterlegt hatte. Das schloss Ermittlungsrichter Elpidio José Silva nun aus, weil neue erdrückende Hinweise aufgetaucht sind.

Er spricht von einem "deutlich erhöhten Strafrahmen" und von der Gefahr, dass Blesa Beweise vernichtet. "Immer wenn Sie vorgeladen werden, tauchen neue Straftaten auf", sagte der Richter zu Blesa nach Angaben der Zeitung "El Economista". Silva fragte nun nach dem Verbleib von 100 Millionen Dollar. Sie wurden im Rahmen des Kaufs der City Bank of Florida "gebunkert", wie Blesa zugab. Doch wo das Geld ist, sagte er nicht. Neben Untreue und Fälschung von Dokumenten wird nun auch wegen Unterschlagung ermittelt. Bisher ging es dem Richter vor allem darum, dass auf Blesas Veranlassung mitten in der Finanzkrise 2008 die US-Bank übernommen wurde. "Unregelmäßigkeiten" und "miserable Führung" hätten der Caja Madrid dabei Verluste von einer halben Milliarde Euro beschert. Bei dem Kauf sei nicht einmal "minimal" die Solvenz und die Überlebensfähigkeit der US-Bank geprüft worden.

Vor enormen Risiken hatten nicht nur Kontrollbehörden in den USA gewarnt. Dass Blesa sie kannte, wurde nun über Emails deutlich. Als auch die erwähnte Wirtschaftszeitung im Oktober 2008 () auf die Gefahren bei der Übernahme hinwies, erkundigte sich Blesa sogleich bei seinem Finanzchef. "El Economista" stand als Betreff in der Email. Ildefonso Sánchez Barcoj beruhigte seinen Chef. Man habe sich abgesichert, schrieb Barcoj, der nun ebenfalls angeklagt ist, aber unter Auflagen freigelassen wurde. Er sprach dabei die 100 Millionen Dollar an, die zusätzlich zur Verfügung stünden und verschwunden sind.

Ein weiteres Schreiben bestätigte dem Richter, dass Blesa bewusst beim Kauf der US-Bank Gesetze und Kontrollorgane ausgehebelt hat, wie es die spanische Zentralbank in einer Studie darlegte. So hatte der Richter es zunächst "unverständlich" genannt, dass die US-Bank in zwei Schritten gekauft wurde. Blesa gab darüber in einer Email an Barcoj Aufschluss. In keinem Fall dürfe eine Höchstsumme überschritten werden, weil man sonst die Erlaubnis der Regionalregierung benötige. Begonnen hatten Ermittlungen gegen Blesa, weil er viele zweifelhafte Kredite vergab. So gewährte die Caja Madrid großzügig Kredite auch an Aufsichtsratsmitglieder. Allein der frühere Chef des Unternehmerverbands Gerardo Díaz Ferrán erhielt 131 Millionen Euro, obwohl sein Imperium pleite war. Damit wurden Löcher in den Bilanzen noch größer.

Die Lage bei der Caja Madrid wurde aber unter Rodrigo Rato nicht besser, der Blesa 2009 ablöste. Unter der Führung des ehemaligen Wirtschaftsministers der regierenden Volkspartei (PP) wurde sie mit anderen Sparkassen zu Bankia verschmolzen. Die mussten die Konservativen 2012 mit Milliardenlöchern in offenbar gefälschten Bilanzen verstaatlichen. Auch Rato und weitere 38 ehemalige Bankia Chefs müssen sich wegen Betrug, Veruntreuung, Kontenfälschung und Preismanipulation im Rahmen des Börsengangs vor Gericht verantworten. Ermittlungsrichter Fernando Andreu hat am Mittwoch vier weitere frühere Bankia-Chefs angeklagt. Auch sie befürchten nun wie Blesa, in Untersuchungshaft genommen zu werden.

Andreu ermittelt nun auch gegen den ersten Bankdirektor wegen Betrugs beim Verkauf sogenannter "Preferentes". José Luis González Garrigues leitete eine Filiale der Bancaja in Valencia, die ebenfalls in Bankia überging. Die 300.000 Geschädigten klagen immer wieder an, dass ihnen die gefährlichen Hybridanleihen betrügerisch als "Festgeld" angedreht worden seien. Dass es dabei oft nicht mit rechten Dingen zuging, haben Gerichte in Urteilen schon bestätigt und die Rückerstattung der Ersparnisse angeordnet.

Kürzlich sprach die Vereinigung der Staatsanwälte (UPF) von einem "großangelegten Betrug". Einfache Sparer - oft Rentner -, wurden die Risiken verschwiegen. Die Geschädigten greifen bisweilen deshalb schon zur Selbstjustiz. Nach Auflage der Börsenaufsicht hätten die Papiere nur "professionellen Anlegern" verkauft werden dürfen. Sparkassen und Bankia versuchten über den massiven Verkauf solcher Papiere die Pleite abzuwenden. Ihre Kunden haben über einen Abschlag beim Zwangsumtausch der Anleihen in Aktien und durch Kursstürze schon 75 Prozent der Ersparnisse verloren.