Renaissance der Stadtwerke

Auch Berlin will die eigene Energieversorgung wieder selbst gestalten

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In den 90ern begann der große Ausverkauf der Stadtwerke und die Formierung der heute dominierenden vier großen Energiekonzerne RWE, EnBW, Vattenfall und E.on. Dass die Kommunen mit den Verkäufen nicht nur ihr "Tafelsilber" zur kurzfristigen Schuldentilgung verscherbelten, sondern neben nachhaltigen Einnahmequellen auch den Gestaltungsspielraum ihrer lokalen Energieversorgung aus der Hand gaben, wurde Politikern erst spät bewusst. Hamburg wagte 2009 mit " Hamburg Energie" einen Neuanfang mit einem Stadtwerk, das explizit auf die Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasserkraft, Windkraft und KWK-Anlagen setzt.

Auch Berlin, das sein Elektrizitätsunternehmen Bewag an Vattenfall und seinen Gasversorger Gasag an Eon, Gaz de France Suez (GDF) und Vattenfall verkauft hatte, will nun energiepolitischen Gestaltungsspielraum zurückgewinnen. Der Zeitpunkt ist günstig, denn es stehen in den nächsten drei Jahren die Konzessionsverhandlungen über die Verteilnetze in der Stadt an. Diese sollen nun genutzt werden, um mehr öffentlichen Einfluss auf die Struktur und Nutzung der Versorgungsnetze für Gas, Strom und Fernwärme sicherzustellen. Bisher seien die Netzte auf wenige Großkraftwerke und zentrale Versorger ausgerichtet, Ziel sei aber eine zukünftig dezentralere Energieversorgung mit einem Ausbau auch der lokalen Energiebereitstellung.

Dazu sollen unter dem Namen "Berlin-Energie" neue landeseigene Stadtwerke zur Energieproduktion gegründet werden. Ein Anfang als kommunaler Energieversorger ist schon gemacht. So produziert die städtische Müllverbrennung Heizdampf, den sie bisher noch an Vattenfall verkauft. Die Berliner Energieagentur konzipiert große Solaranlagen mit einem Fokus auf solarer Wärme. Und die Berliner Stadtreinigung baut Biogasanlagen - bei 3,5 Mio. Einwohnern mangelt es nicht an Rohstoffen zur Energiegewinnung.