Kostenexplosion beim EPR-Reaktor in Flamanville

Statt auf die anfangs veranschlagten 3,3 Milliarden Euro beziffert EDF die Kosten nun auf 8,5 Milliarden

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Anfänglich, im Jahr 2005, veranschlagte man die Kosten für den Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) in Flamanville auf 3,3 Milliarden Euro. Gestern korrigierte der Elektrizitätskonzern EDF die Kostenschätzung, die sich zwischenzeitlich, 2011, auf 6 Milliarden erhöht hatte, um weitere zwei Milliarden; die Inflation miteinberechnet setzt EDF die Kosten nun auf 8,5 Milliarden Euro an.

Verantwortlich für die Kostensteigerung macht EDF zum einen die Reihe der Pannen, die immer wieder vom Prestigeobjekt der Regierung Sarkozy gemeldet wurden, und die den Bau verzögerten. Als neuen Termin setzt der Konzern jetzt 2016 an.

Für die Kostenerhöhung macht der Konzern anderseits Verbesserungen verantwortlich, die nötig wurden. So habe man das Design des Dampferzeugers im Reaktor verändern und Bauteile zum Schutz des Reaktorgebäudes ersetzen müssen, da sich gezeigt habe, dass die Teile des Schutzmantels fehlerhaft waren, was EDF als "aléas industriels" bezeichnet, als unvorhersehbare Mängel, die mit der herstellung zusammenhängen. Dazu kamen "mehrere hundert kleinere Elemente", die zu modifizieren waren, was unter dem Zeitdruck, da ja Verträge einzuhalten seien, zu Kostenerhöhungen führe. Auch neue Regelungen und damit verbundene Studien und Expertisen nach dem Unglück von Fukushima hätten die Kosten weiter nach oben getrieben.

Kritiker, allen voran die Organisation Sortir du nucléaire, fordern den "sofortigen Stopp" des Baus, der Milliarden verschwende - für einen Reaktor, der sich jetzt schon als "gefährlicher als seine Vorgänger" herausstelle. Die Kosten würden anzeigen, in welch "unheilvollem Zustand" der Bau sei. Die Annahme, dass es sich bei der Kernenergie um eine kostengünstige Energiequelle handele, sei erneut "als Mythos entlarvt" worden, kommentierte Greenpeace.

Auch der Börsenkurs der EDF-Aktien reagierte negativ; schon vor Tagen machte EDF schlechte Schlagzeilen. Ein französisches Gericht hatte den Konzern wegen des Ausströmens radioaktiv belasteter Flüssigkeiten aus dem Atomkraftwerk Golfech zu einem Bußgeld (in relativ geringer Höhe, 4000 Euro) verurteilt. Zum ersten Mal sei der Konzern in Frankreich wegen Mängel der technischen Handhabung verurteilt worden, jubelt Sortir du nucléaire, das die Klage angestrengt hatte.