Exodus von Wissenschaftlern, Kollaps der Forschung?

Die spanische Regierung will die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung drastisch kürzen, andere Krisenländer wie Griechenland oder Italien versuchen, ihre finanzielle Beteiligung an EU-Institutionen wie dem CERN oder der ESA zurückzufahren

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Die spanische Regierung erfüllt die EU-Auflagen und spart drastisch, um die Schuldenaufnahme zu verringern. Dass Sparen alleine in einer Rezession die wirtschaftlichen Probleme nur noch weiter verschärfen kann, ist fast schon Allgemeingut geworden. Und wenn Sparen noch am falschen Ort geschieht, können die Folgen noch schlimmer sein, auch wenn kurzfristig ein Pyrrhus-Sieg erzielt wird.

Spaniens rechte Regierung will beispielsweise auch die Forschungsausgaben im Haushaltsjahr 2012 um 25 Prozent kürzen. Nach dem Verband der spanischen Wissenschaftsorganisationen ( COSCE) bedeutet der Regierungsplan, dass die Gelder für zivile Forschung um 25,6 Prozent und die für Militärforschung um 24,9 Prozent reduziert werden. Der Verband kritisiert nicht nur die drastische Kürzung, sondern macht auch darauf aufmerksam, dass auch früher schon nicht die beschlossenen Gelder in voller Höhe geflossen sind. Es könnte also noch weniger werden, zumal nicht nur der Staat, sondern auch die hochverschuldeten Länder ihre Ausgaben für Universitäten kürzen werden.

COSCE hat zusammen mit der Rektorenkonferenz der spanischen Universitäten, der NGO Investigación Digna, dem Verband junger Wissenschaftler und Gewerkschaften einen offenen Brief an die Regierung geschickt, in dem davor gewarnt wird, dass die Kürzungen "einen erheblichen langfristigen Schaden dem sowieso schon geschwächten spanischen Forschungssystem zufügen und zu seinem Zusammenbruch führen können". Während durchschnittlich über alle Ministerien hinweg 16,9 Prozent eingespart werden sollen, fallen die hohen Sparmaßnahmen im Forschungsbereich auf. Besonders die Kürzungen der Gelder für öffentliche Forschungsinstitutionen, Forschungsteams und junge Postdoc-Wissenschaftler werden kritisiert, wie die Zeitschrift Science berichtet, weil sie die dynamischsten Bereiche des Forschungssystems betreffen. Zudem hat die Regierung erklärt, dass in den öffentlichen Forschungseinrichtungen keine neuen Stellen geschaffen würden. Der Verband der jungen Wissenschaftler warnt, dass es zu einem "Exodus mehrerer Forschergenerationen" kommen wird.

Wissenschaftler kritisieren, dass der Übergang von der Bau- und Tourismuswirtschaft zu einer Wissensökonomie so niemals gelingen könne. Die Kürzungen würden nicht nur kurz- und langfristig die spanische Wissenschaft, sondern auch die spanische Wirtschaft gefährden. Aber Langfristigkeit ist eben kein Kriterium für eine Politik, die jeweils auf vier Jahre Machterhalt oder -gewinn getaktet ist. Die Forschungsausgaben lagen 2011 in Spanien innerhalb der EU sowieso schon weit hinten. Nur Italien und Griechenland haben weniger Geld in Forschung und Wissenschaft investiert, was ziemlich klar der falsche Weg ist.

Griechenland versucht indes einen anderen Weg. Um die Gelder für die Forschung in Griechenland zu erhalten, wird erwogen, die Beteiligung an europäischen Forschungsvorhaben wie dem CERN oder ESA zu reduzieren. In den letzten Jahren wurden die Gelder für griechische Forschungsinstitutionen bereits erheblich gekürzt. Von den 80 Millionen Euro, die das Wissenschaftsministerium zur Verfügung hat, sollen 10 Millionen gestrichen werden, obgleich Griechenland nur 0,6 Prozent des BIP in Wissenschaft investiert, der EU-Durchschnitt liegt bei 1,85 Prozent. Allerdings versucht nicht nur Griechenland die Verpflichtungen für Einrichtungen wie CERN zu reduzieren, das machen auch andere Schuldenländer wie Italien, Belgien oder Portugal.