Unterschiedliches "Insolvenzgeschehen" in Europa

Während in Deutschland die Firmeninsolvenzen zurückgehen, steigen die Privatinsolvenzen - Schuld könnte der sich ausweitende Niedriglohnsektor sein

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Insolvenzgeschehen ist ein schönes Wort. Creditreform nutzt es, um zu analysieren, wie viele Firmen 2010 Pleite gegangen sind. Dabei kommt es schon einmal zu merkwürdigen Aussagen, wie dieser hier, bei der man doch einmal kurz stutzt: "Der Wirtschaftsaufschwung wirkt zunehmend positiv auf das europäische Insolvenzgeschehen, zu einem merklichen Rückgang der Insolvenzzahlen ist es 2010 aber nicht gekommen."

Also irgendwie wird es besser, aber man merkt es noch nicht. Nach Creditreform teilt sich Europa. In den EU-15 Staaten plus Norwegen und der Schweiz gab es 1,4 Prozent weniger Konkurse als 2009, in den mittel- und osteuropäischen Ländern wuchs die Zahl um 14,1 Prozent an. Da kommt der Wirtschaftsaufschwung offensichtlich nicht an, allerdings ist dies nicht der Fall in Estland, Polen und der Tschechei. Gut fahren etwa Finnland, Norwegen oder Großbritannien, auch Deutschland verzeichnet 2,5 Prozent weniger Unternehmensinsolventen, den größten Anstieg an Insolvenzen verzeichneten Luxemburg, Italien, die Schweiz und Portugal. Den Dienstleistungssektor hat es besonders stark erwischt.

In Deutschland verringerte sich prozentual die Zahl der Insolvenzen, es hat aber, gefolgt von Frankreich und Großbritannien, absolut die meisten Insolvenzen. Das verwundert an sich wenig, sind doch die Größenverhältnisse sehr unterschiedlich.

Während bei den Firmen dennoch wieder ein wenig Ruhe eingekehrt ist, steigt aber die Zahl der Privatinsolvenzen, nämlich um 5,2 Prozent gegenüber 2009. Am stärksten betroffen sind Schweden (+ 19,2%), die Niederlande, Frankreich und Deutschland (+ 7,6%). Arbeitslosigkeit und private Verschuldung, so Creditreform, werden auch dieses Jahr viele Menschen in die Insolvenz führen. "9,5 Prozent der Erwachsenen in Deutschland weisen nach Angaben des Creditreform SchuldnerAtlas nachhaltige Zahlungsstörungen auf." Auch das ist wieder ein schönes Wort, denkt man doch gleich an psychische Störungen. Helmut Rödl, Vorstandsvorsitzender des Inkassounternehmens Creditreform, erklärte der Welt, worauf die Zahlungsstörungen in Deutschland zurückzuführen seien: "Hierzulande haben wir eine große Zahl von Menschen mit Niedriglohn. Sie sind zwar in Arbeit, werden aber nur gering entlohnt."