Fukushima: Kernschmelze schlimmer als bisher zugegeben

Neue Tepco-Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass im Reaktor 1 der geschmolzene Kern aus dem Druckbehälter geflossen ist

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Was kritische Beobachter von Anfang an befürchtet haben, scheint jetzt bestätigt. In drei der vier havarierten Reaktoren in Fukushima Daiichi sind nach dem schweren Erdbeben und nachfolgendem Tsunami vom 11. März dieses Jahres die Kerne zumindest teilweise geschmolzen. Das ist das Ergebnis einer neuen Analyse der Betreiberfirma Tepco, die am 30. November veröffentlicht wurde. Sie basiert im wesentlichen auf den Messwerten freigesetzter Stoffe, den eingesetzten Kühlwassermengen und Modellberechnungen. Direkte Beobachtungen und Messungen in Druckbehältern und Containments scheinen noch immer unmöglich.

Von den Reaktoren 2 und 3 nimmt Tepco weiter an, dass die bereits im Mai ermittelten Annahmen zutreffen. Demnach sind dort die Brennstäbe teilweise aufgeschmolzen und auf den Boden des Druckbehälters getropft. Ein kleinerer Teil dieser aufgeschmolzenen Masse sei durch Löcher im Druckbehälter auf den Boden des Containments gelangt.

Noch schlimmer sieht es im Reaktor 1 aus, der am härtesten getroffen wurde. Dort seien die Brennstäbe nahezu vollständig geschmolzen. Die Schmelze, die sich zunächst auf dem Boden des Druckbehälters gesammelt haben muss, habe diesen durchbrochen und sei auf den Boden des Containments geflossen. Dort habe sie sich 70 Zentimeter in den Beton gefressen. Der Betonboden sei insgesamt 10,2 Meter dick, heißt es in dem oben verlinkten Bericht der World Nuclear News, auf den sich diese Meldung stützt. Der Beitrag äußert sich nicht zu der Frage, ob in der Schmelze die Kettenreaktion abgebrochen ist oder weiter anhält.

Die Tepco-Studie selbst liegt bisher nur auf Japanisch vor, schreibt das IEEE Spectrum. Die Autoren des Ingenieur-Blattes erinnern daran, dass Tepco zunächst behauptet hatte, es habe keine Kernschmelze stattgefunden. Später, als dies nicht mehr aufrecht zu halten war, hieß es dann, dass die geschmolzenen Massen die Druckbehälter nicht verlassen hätten. Irgendwie scheint der Betrieb von Atomkraftwerken einfach nicht mit einer aufrichtigen Informationspolitik gegenüber der Bevölkerung zusammen zu passen.

Unterdessen berichtet Daily Yomiuri online, dass Tepco von den Behörden in der Präfektur Fukushima aufgefordert wurde, auch seine dort verbleibenden Reaktoren stillzulegen. Das sind zum einen die zwei mehr oder weniger verschont gebliebenen Reaktoren in Fukushima Daiichi, auch Fukushima I genannt, und vier Meiler im AKW Fukushima II.