Japanische Regierung legt Zeitplan für Fukushima vor

Bis 2014 sollen die Brennstäbe aus den Kühlbecken entfernt und die Reaktoren mit einer Schutzhülle gesichert sein

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Der Versuch, das in den Reaktoren 1,2 und 3 von Fukushima befindliche, hoch radioaktiv belastete Wasser - 120.000 Tonnen - zu reinigen und für die weitere Kühlung zu verwenden, läuft nicht zur Zufriedenheit. Nach Angaben von Betreiber Tepco, der mittlerweile ein wenig auskunftsfreudiger ist bzw. sein muss, hatte die Anlage am Reaktor 1 vom 13. bis zum 19. Juli nur 53 Prozent der erwarteten Leistung erbracht. Das war der geringste Wert seit Juni, als die Anlage in Betrieb genommen wurde. Eigentlich sollte die Anlage in der Stunde 50 Kubikmeter reinigen, schaffte aber nur 37, offenbar weil aus den Schläuchen Wasser austritt, weswegen Teile der Anlage immer wieder ausfallen. Problematisch ist dies deswegen, weil weiterhin Wasser zur Kühlung benötigt wird.

Tepco will bis August die Leistung auf 90 Prozent hochfahren, aber das ist erst einmal nur nach außen hin versprochen, wie das so oft geschehen ist. Die Situation ist symptomatisch für den Umgang mit der Atomkatastrophe in Fukushima, der zeigt, wie wenig vorbereitet man war. Auch die zögerlich angenommene Hilfe von außen offenbarte eine große Hilflosigkeit, die Bewältigung des Unfalls gleicht eher einem Experiment mit ungewissem Ausgang, zumal die Dimension bislang einzigartig ist, schließlich müssen gleichzeitig 6 Reaktoren und Kühlbecken irgendwie gesichert und entsorgt werden.

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Gerüst für einen Container der Fukushima-Reaktoren. Bild: Tepco

Erstmals hat nun trotz aller Widrigkeiten die japanische Regierung zusammen mit Tepco einen Zeitplan für den Abbau der Reaktoren vorgelegt. Innerhalb von drei Jahren sollen die Brennstäbe aus den Kühlbecken entfernt und Behälter für das radioaktive Material in den Reaktoren gebaut werden. Und man will Schutzwände aus Beton bis zu 30 m tief in den Boden bauen, um zu verhindern, dass radioaktiv belastetes Grundwasser ins Meer abläuft. Jetzt bereits habe man eine stabile Kühlung der Reaktoren geschafft, was dank des Reinigungssystems ermöglicht wurde, das aber, siehe oben, offenbar mit einigen Problemen kämpft. Aus den Reaktoren soll nur noch ein Zweimillionstel der Radioaktivität in die Atmosphäre entweichen wie am 17. März. Bis spätestens Oktober soll ein "cold shutdown" erreicht werden, wobei die Kühlwassertemperatur unter 100 Grad Celsius liegt (gegenwärtig liegt sie zwischen 100 und 125 Grad) und die radioaktive Strahlung im Umkreis des AKW auf ein Millisievert pro Jahr oder weniger gesunken ist. Im Augenblick soll die entweichende Radioaktivität noch bei 1,7 Millisievert liegen.

Wenn ein so definierter "cold shutdown" erreicht ist, könnte auch die Evakuierung der 20-km-Zone und anderer gefährdeter Gebiete wieder aufgehoben werden, nachdem die Erdoberfläche dekontaminiert wurde. Überlegt wird, die Evakuierung in der Zone zwischen 20 und 30 km um das AKW schon nächste Woche aufzuheben. In der Stadt Fukushima wurden schon Sonnenblumenkerne ausgesät, um den Boden zu dekontaminieren. Wann das sein wird, geht allerdings aus dem Plan nicht hervor. Interessant wird auch sein, wohin die japanische Regierung den Atommüll entsorgen will. Gemunkelt wird, dass Japan versuchen wolle, den Müll in der Mongolei zu endlagern.

Gegenwärtig sind nur noch 18 der insgesamt 54 Reaktoren in Japan in Betrieb, in den nächsten Monaten werden es noch mehr werden. Noch diese Woche soll mit der ersten Phase der Stresstests - das inflationär gebrauchte Wort kann man bald nicht mehr hören - begonnen werden. Geprüft werden soll die Sicherheit der Reaktoren, die nur zu routinemäßigen Kontrollen abgeschaltet wurden, aber wegen der Bedenken der Bevölkerung bislang nicht mehr ans Netz gegangen sind. Die Energiekonzerne drängen mitsamt dem zuständigen Wirtschaftsministerium darauf, diese möglichst umgehend wieder anfahren zu können. Wegen des Ausfalls der vielen Atomkraftwerke müssen Industrie und Privathaushalte sich im Stromsparen üben. Während der Wirtschaftsminister weiter auf Atomkraft setzt, will der noch im Amt befindliche Regierungschef Kan einen Ausstieg anvisieren. Allerdings gewinnt Japans Wirtschaft wieder an Kraft - trotz der ausgefallenen Atomenergie.