Der Ölpreis steigt weiter

Trotz sinkender Nachfrage werden Rohstoffe teurer

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Der Ölpreis steigt weiter. Am Mittwochvormittag pendelte er zwischen 71,16 und 71,43 US-Dollar für das Fass Rohöl (159 Liter) der Referenz-Sorte Western Texas Intermediate. Der Trend ist ungebrochen, was angesichts der globalen Wirtschaftskrise schon beachtlich ist. Die Financial Times Deutschland sah am Dienstag vor allem Spekulanten und China am Werk, das seine strategische Reserve auffüllen würde.

Beides klingt plausibel: Die Volksrepublik will sich durch die Flucht in Sachwerte gegen eine Dollarabwertung wappnen und zugleich gegen potenzielle Störungen auf den Transportrouten schützen; und die Anleger haben, da die Regierungen in Europa und Nordamerika sich hartnäckig weigern, das Naheliegende zu tun und die besonders Wohlhabenden für die Konjunkturprogramme zur Kasse zu bitten, nach wie vor viel zu viel Geld, für das sie keine produktiven Anlagen finden.

Die Frage ist allerdings, ob das als Erklärung reicht. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich Anfang des Monats in einem seiner Wochenberichte mit der Rolle der OPEC auseinander gesetzt. Das Ergebnis ist jedoch nicht ganz eindeutig. Einerseits wird der Organisation der Erdölexportierenden Staaten eine erhebliche Marktmacht bestätigt. Gegenwärtig kontrolliere sie etwas über 40 Prozent der weltweiten Förderung und 75 Prozent der bekannten Reserven. (Wobei das DIW anmerkt, dass alle Informationen über Reserven unzuverlässig und tendenziell "optimistisch" sind.) Andererseits sei aber nicht klar, ob die OPEC derzeit tatsächlich den Preis bestimmen kann.

Ansonsten wiederholt das DIW die Befürchtungen der Internationalen Energie Agentur, dass es schon in wenigen Jahren einen Versorgungsengpass geben könnte. Es werde nämlich zu wenig in Erschließung neuer Felder investiert, sodass die Produktion den Bedarf nicht mehr wird decken können, sobald die Weltwirtschaft wieder anzieht.

Übrigens wird nicht nur das Öl teurer, sondern auch die meisten anderen Rohstoffe. Sollte dieser Trend längerfristig anhalten, wird interessant sein, welche Folgen er für die Weltwirtschaft hat. In den von Rohstoffimporten abhängigen Industriestaaten würde er sicherlich mittelfristig die Krise verschärfen, aber zugleich auch einen zusätzlichen Anreiz für Substitution, Recycling und den Ausbau von Wind&Co. liefern. In Russland könnte er hingegen die Krise etwas abmildern und den Exportländern könnte der Boom helfen – wenn denn die Regierungen stark und schlau genug sind, einen wesentlichen Teil des Reichtums im Lande zu halten und sinnvoll in die Entwicklung zu investieren – den Abstand zum reichen Norden zu verringern.