"Nicht notwendige" Nennung

ARD mahnt "Tatort" in Buchtitel ab

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Vor vier Jahren befand die Neue Zürcher Zeitung über die Fernsehkrimireihe "Tatort", in ihr habe "der ganze zeitgeistige Quatsch einer seichten Talkshow- und Feuilleton-Soziologie […] seine Abladestelle gefunden". Damit schien eigentlich alles Wesentliche gesagt. Der Filmbuchverlag Bertz+Fischer startete trotzdem eine Buchreihe über den "Tatort", in der bislang ein "Streifzug durch die 'Sittengeschichte" und ein Band über die Münster-Folgen mit Jan-Josef Liefers erschienen.

Mitte Januar wurde dem Verlag dafür eine Abmahnung einer Rechtsanwaltskanzlei zugestellt, die im Namen der ARD die Abgabe einer Unterlassungserklärung verlangte. In dieser Unterlassungserklärung sollte sich Bertz+Fischer dazu verpflichten, den Reihentitel "Ermittlungen in Sachen Tatort" nicht mehr zu verwenden, weil "eine solche Verwendung die Marken- und Titelrechte" der ARD verletzen würde. Der gebührenfinanzierten Fernsehanstalt stünden außerdem Schadensersatzansprüche zu, weil die "nicht notwendige" Verwendung des markenrechtlich geschützten Begriffs eine "besondere Aufmerksamkeit für die beworbene Buchreihe" hervorgerufen habe. Bei Bertz+Fischer vermutet man als möglichen nicht genannten Hintergrund, "dass man in Kreisen der "Tatort"-Verantwortlichen […] über den kritischen Tenor der beiden bisher erschienenen Bände verärgert sein könnte".

Die Verlagsleitung unterschrieb die Unterlassungserklärung nicht und schickte der ARD einen Brief, in der sie mitteilte, man wolle das Risiko eines Prozesses gegen den milliardenschweren Senderverbund nicht eingehen. Deshalb erkläre man sich bereit, die Reihe umzubenennen und bitte die Anstalt "um Mithilfe bei der Findung eines geeigneten Titels für die Reihe […], die den 'Tatort' behandelt, aber ohne Nennung des Gegenstands im Titel auskommt". Liefert die ARD bis zum 15. Februar keinen "überzeugenden Titelvorschlag", dann will Bertz+Fischer die Bücher zur Fernsehserie zukünftig unter einem etwas barocken, aber durchaus aufmerksamkeitstauglichen Reihentitel herausbringen: "Ermittlungen in Sachen jener bekannten Sonntagabend-Krimireihe der ARD, deren markenrechtlich geschützten Titel zu nennen uns an dieser Stelle untersagt wurde".

Die Abmahnung ist nicht das erste Mal, dass der der Umgang mit dem "geistigen Eigentum" am Serientitel "Tatort" Schlagzeilen macht: 2010 musste ein seit 1993 bestehende Musikclub "Tatort" in Übach-Palenberg auf Betreiben des Westdeutschen Rundfunks (WDR) seinen Namen ändern. Im selben Jahr zwangen die Justiziare des Senders die Veranstalter eines Krimifestivals in Bayern, von Titeln wie "Tatort Ammersee" und "Tatort Tegernsee" Abstand zu nehmen. Auch der Verleger Armin Gmeiner benannte Sabine Thomas' Krimi-Anthologie "Tatort Starnberger See" nach Drohungen um. Der Fernsehsender RTL2 durfte seine Serie Tatort Internet dagegen ausstrahlen.