Kommen noch mehr kalte Winter?

Studie: Trotz globaler Erwärmung könnte Mitteleuropa in den nächsten Jahren häufiger kalte Winter erleben

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Maler, Kunstliebhaber und Schlittschuhläufer dürften sich voller Vorfreude die Hände reiben, angesichts der Aussicht, dass uns künftige Winter in Mitteleuropa wieder Verhältnisse bescheren, wie sie auf Bildern niederländischer Meister dargestellt sind: Eisläufer mitten in der Stadt. Und nicht, wie seit einigen Jahren üblich, auf winzigen künstlich angelegten vorweihnachtlichen Eislaufrondells mit Eisbärchen und Zuckerwattepop, sondern auf großen zugefrorenen Stadtstraßen und -plätzen, mit verfrorenen, die rote Nase im Mantelkragen verbergenden Passanten im Kältetableau drumherum. Die Winter, die dem letzten harten Winter folgen, werden möglicherweise mindestens genauso klirrend kalt - und das für eine ganze Reihe von Jahren. Das legt zumindest eine Studie nahe, die heute Wissenschaftler von der Universität von Reading, des Rutherford Appleton Laboratory in Oxfordshire und vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau vorlegen.

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„Winterlandschaft mit Schlittschuhläufern und Vogelfalle” ( P. Brueghel d.Ä.)

Vorweg: Die Studie beschreibt ein regionales Phänomen. Sie bezieht sich nur auf die Winter in England und Mitteleuropa. Im Zentrum stehen Schwankungen der Sonnenaktivität und deren Auswirkungen auf die Temperaturen im mitteleuropäischen Winter. Nach Erkenntnissen der Wissenschaftler besteht ein Zusammenhang zwischen den "ungewöhnlich tiefen" Temperaturen, die im vergangenen Winter breite Landstriche in Mitteleuropa und Großbritannien heimgesucht haben, und geringer Sonnenaktivität. Deren Zyklen wechseln etwa alle elf Jahre, behaupten die Forscher.

Ihre Hypothese lautet, dass wir uns in einer Phase geringer Sonnenaktivität befinden, weswegen der vergangene harte Winter Vorläufer einer Folge von mehreren kalten Wintern sein könnte. Begründet wird die Annahme durch den Vergleich der Sonnenaktivitätszyklen mit britischen Temperaturaufzeichnungen, die bis 1659 zurückreichen (Ende des 17. Jahrhunderts wurde eine besonders kalte Phase registriert).

Als Maß für die Sonnenaktivität galt der Studie die Stärke des solaren Magnetfeldes. "Verlässliche Messdaten" zum Magnetfeld der Sonne gebe es allerdings erst seit Anfang des 20.Jahrhunderts, wird eingeräumt, weshalb ältere Werte über Computersimulationen rekonstruiert wurden. Der statistische Vergleich der so ermittelten Magnetfeld-Schwankungen mit Daten der Wetteraufzeichnungen führte die Wissenschaftler zu eindeutigen Erklärungen, die sich bald auch in allerlei populären Gesprächen über Winter und Wetter wiederfinden könnten:

"Nach Jahrzehnten hoher Sonnenaktivität und vergleichsweise milden Wintern sind harte Winter in Europa wieder häufiger geworden. Bei geringer Sonnenaktivität liegt die durchschnittliche Wintertemperatur in Großbritannien etwa ein halbes Grad niedriger als sonst."

Auch der Wind kommt zur Sprache. Die Auswirkung der niedrigen Sonnenaktivität auf die Winter in England und Mitteleuropa begründen die Wissenschaftler nämlich mit Vermutungen, wonach die milden Starkwinde vom Atlantik abreißen würden, weil die über den Troposphären-Winden befindliche Luftschicht, die Stratosphäre, nur mehr schwach aufgeheizt sei. So seien Großbritannien und Mitteleuropa mehr dem Einfluss kalter Winde aus dem Nordosten ausgesetzt.

Skeptikern, die sich etwa durch die kälteren Winter der letzten beiden Jahre in ihren Zweifeln am "Klimawandel" bestärkt sehen, halten die Forscher gegenläufige Ergebnisse entgegen:

"Der Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und kalten Wintern in Europa war erst erkennbar, nachdem wir den überlagerten Trend der globalen Erwärmung herausgerechnet hatten." (Sami K. Solanki, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)

Die Studie widerspreche somit nicht der Theorie einer globalen Erwärmung. Im Gegenteil deute vieles darauf hin, dass die Sonne für diesen Effekt nur zu einem kleineren Teil verantwortlich sei, heißt es in dem Papier der Max-Planck-Gesellschaft.