Der Tsunami war es nicht

Studie zeigt, dass die Reaktoren in Fukushima bereits vor dem Eintreffen der Flutwelle schwer beschädigt gewesen sein müssen. Anti-AKW-Bewegung protestiert am Jahrestag

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Kurz vor dem Jahrestag der multiplen Reaktorkatastrophe in der japanischen Küstenstadt Fukushima hat die deutsche Sektion der IPPNW, der Internationalen Ärztinnen und Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs, eine lesenswerte Studie vorgelegt. Detailliert wird darin zusammengetragen, was über die Ursachen und das Ausmaß der Schäden bekannt ist.

Die Autoren kommen zu dem zentralen Ergebnis, dass das Versagen der Sicherheitssysteme an den Reaktoren, die schließlich in drei Fällen zur - längere Zeit vertuschten - Kernschmelze führten, schon eine Folge des Erdbebens gewesen sei. Die räumliche Trennung essentieller Anlagen sei unzureichend gewesen, auch an Redundanz habe es gemangelt. Unter letzterem wird verstanden, dass zum Beispiel Notkühlsysteme in mehrfacher Ausführung vorhanden sein müssen, damit auch beim Ausfall eines Teils von ihnen der Reaktorkern noch sicher gekühlt werden kann.

Denn eines hat Fukushima mit dramatischen Folgen gezeigt: Fällt die Kühlung aus, so kommt es in einem Reaktor, auch wenn er abgeschaltet wurde, schon nach kurzer Zeit zu einer gefährlichen Überhitzung, bei der erst das Wasser verdampft und schließlich die freigelegten Brennstäbe zu schmelzen beginnen. Die Reaktordruckbehälter sind offensichtlich nicht in der Lage, den extremen Drücken standzuhalten, und wenn dann auch noch das Containment zerstört wird, wie in Fukushima geschehen, gelangen große Mengen gefährlicher radioaktiver Substanzen in die Umwelt. In der Umgebung der Havaristen wurde zum Beispiel, wie seinerzeit berichtet, auch das Ultragift Plutonium gemessen.

Fragt sich, weshalb die japanische Regierung und der Betreiber TEPCO ein Interesse daran haben, den Tsunami als Ursache der Katastrophe erscheinen zu lassen. Die Autoren der IPPNW-Studie denken, dass damit der Eindruck von Einzigartigkeit erweckt werden soll. Viele AKW in aller Welt seien nicht ausreichend gegen Erdbeben ausgelegt. Das betrifft sowohl das besonders gefährdete Japan, das einen Inselbogen darstellt, der seismisch äußerst aktiv ist, aber zum Beispiel auch die deutschen und französischen Reaktoren im Rheingraben.

Unterdessen sind weltweit rund um den Jahrestag der Katastrophe, dem 11. März, zahlreiche Aktionen gegen Atomenergienutzung geplant. Die hiesige Anti-AKW-Bewegung veranstaltet am Sonntag fünf Großdemonstrationen in Hannover, Brokdorf, Gundremmingen, Neckarwestheim, Gronau und im Braunschweiger Land am abgesoffenen Endlager Asse.